Neue Westfälische ,
16.08.2004 :
Kommentar / Flucht übers Mittelmeer / Bis wir teilen
Dirk Müller
Sie kommen in Schlauchbooten und auf Flößen, sie wagen sich auf Schläuchen aus Lkw-Reifen und anderen Nussschalen aufs Mittelmeer oder den Atlantik in Richtung Kanaren. Ihre Familien bezahlen Unsummen an Schleuser und Vermittler, damit es wenigstens einer von ihnen schafft ins gelobte Europa. Ungezählte Flüchtlinge bezahlen mit ihrem Leben. Und wer schließlich ankommt, wird in der Regel zurückgeschickt.
Niemand, der sich die Berichte über die Massenflucht afrikanischer Männer, Frauen, Kinder der vergangenen Wochen zu Gemüte geführt hat, kann sich des Eindrucks der Verzweiflung entziehen, der sie antreibt, kann glauben, dass es um etwas anderes als das nackte Oberleben geht.
Und wir inzwischen? Wir fragen uns, ob es sich bei der jüngsten Aktion der Cap Anamur mehr um eine PR-Aktion als um Menschenrettung ging? Wir fragen uns, ob eine europäische Grenzschutzagentur wohl Abhilfe schaffen kann? Ob wir nur den Schleusern das Handwerk legen müssen und alles wird gut?
Nichts wird gut. Menschen sterben, Tag für Tag. Es ist ein Skandal, dass die Länder der Europäischen Union derzeit so gut wie nichts unternehmen, um die Last, die der Ansturm der afrikanischen Flüchtlinge derzeit ohne Zweifel etwa für Italien und Spanien darstellt, gemeinsam zu schultern.
Und Deutschland? Deutschland hat seit der Erweiterung der Union nun keine EU-Außengrenze mehr und deshalb weniger Probleme. Und es hat mit Otto Schily einen Innenminister, der über die Flüchtlinge immerhin nachdenkt. Es muss zumindest geprüft werden: Können Auffanglager in Nordafrika das Sterben stoppen? Dann her damit und zwar schnell. Und wenns als Zwischenlösung ist, bis wir mit Afrika tatsächlich teilen wollen.
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