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Westfälisches Volksblatt / Westfalen-Blatt , 10.11.2010 :

Weigel warnt vor der Macht der Worte / Erinnerung an die Pogromnacht 1938 und Mahnung zum Respekt vor Menschen muslimischen Glaubens

Paderborn (WV). Bei der Gedenkstunde an die Pogromnacht 1938 hat Gedenkredner Wolfgang Weigel gestern einen Bogen von der Juden-Verfolgung während der Nazi-Diktatur zur Diskriminierung von Menschen muslimischen Glaubens in der heutigen Zeit geschlagen.

Der Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Gesellschaft Paderborn und stellvertretende Vorsitzende des Arabisch-Deutschen Freundeskreises zeichnete die Geschichte der systematischen Juden-Vernichtung im Dritten Reich auf. Die Novemberpogrome seien lediglich ein Glied der langen Kette von vorbereitenden Handlungen der Nationalsozialisten gewesen, die darauf gerichtet waren, das internationale Judentum als Welt-Vergifter aller Völker zu bekämpfen. So habe es Adolf Hitler formuliert.

Weigel warnte vor dem gedankenlosen Umgang mit Begriffen wie "innerer Reichsparteitag" oder "bis zur Vergasung". "Die geschundenen jüdischen Mitbürger dieser Stadt mahnen uns: Am Anfang steht das Wort! Sie warnen uns vor der Gedankenlosigkeit der gewöhnlichen Sprache, sie warnen uns davor, wiederum gedankenlos Worte zu benutzen, deren Wirkung wir eines Tages vielleicht nicht mehr aufhalten können." Daher sei es auch nicht erlaubt, von einer deutschen "Leitkultur" zu sprechen, oder davor zu warnen, "durchrasst" zu werden.

Angesichts der mangelnden Unterscheidung zwischen muslimischen Gläubigen und denen, die den Koran als politische Waffe ihres Machtwillens gebrauchten, habe man zuweilen den Eindruck, man befinde sich "mittendrin, in einem weltweiten Kampf der Kulturen: Auf der einen Seite das überwiegend christlich geprägte Abendland und auf der anderen Seite der politische Islam des Vorderen und Mittleren Orients." Die dumpfe Angst vor der Weltherrschaft eines politischen Islam überdecke auch zuweilen wie Mehltau eine Integrationsdebatte in Deutschland, bei der wir es wesentlich mit türkischstämmigen Menschen mit muslimischen Glauben zu tun hätten. "Sie leben in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Sie und ihre Religion verdienen unseren Respekt." Sie gehörten ebenso wie Juden und Christen zu denen, die an einen Gott glauben.

Zuvor hatten auch Bürgermeister Heinz Paus und Dr. Markus Hentschel als evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an die Zerstörung der Paderborner Synagoge und die Ermordung Paderborner Juden erinnert.

Bildunterschrift: Gedachten der Opfer des Pogroms (von links): Wolfgang Weigel, Tanja Rubens, die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde, Dr. Markus Hentschel, evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, und Bürgermeister Heinz Paus.


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