Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische ,
11.08.2004 :
Häftlingsbetreuung profitabel / Am 3. Oktober erneute Demonstration gegen Abschiebeknast angekündigt
Büren (NW). Vor zehn Jahren wurde die Abschiebehaftanstalt in der ehemaligen NATO-Kaserne "Stöckerbusch" in Betrieb genommen. Allein durch ihre Größe (560 Plätze) ist sie heute ein Symbol für die Asylpolitik der Bundesrepublik. Mehr als 30.000 Menschen sind seit 1994 von hier aus abgeschoben worden. Für Sonntag, 3. Oktober, um 13 Uhr ruft ein breites regionales Bündnis von antirassistischen, antifaschistischen und internationalistischen Gruppen zu einer erneuten bundesweiten Demonstration vor der JVA auf.
Die Initiatoren um den Paderborner Frank Gockel kritisieren in ihrem Aufruf die gesamte Politik gegenüber Flüchtlingen. "Während weltweit Menschen ihr Recht auf Bewegungsfreiheit wahrnehmen, versuchen die Regierungen der reichen Staaten, ökonomischen Nutzen aus den Flüchtlingen zu ziehen", so die Erklärung.
Zum zweiten wird auf die zunehmende Privatisierung von Knästen und deren Folgen hingewiesen. Die Teilprivatisierung der Bürener Haftanstalt sei ein Testfall, der auf andere Gefängnissen übertragen werden könne. In Büren würden zwei Tendenzen beobachtet, die wiederum gegen die Häftlinge gerichtet seien. Als Beispiel für die Privatisierung von Gefängnissen nennen die Demo-Initiatoren die USA. Dort sei die C.C.A. (Correction Corporation of America) der größte privater Betreiber von Gefängnissen, der den Wert seiner Aktien innerhalb von zehn Jahren von 50 Millionen auf 3,5 Milliarden US-Dollar gesteigert habe. Pro Häftling und Tag zahle die US-Regierung der Firma einen garantierten Betrag, und so empföhlen Börsen-Fachleute die Aktien der C.C.A. mit dem Motto, die Firma gleiche "einem Hotel, das immer zu 100 Prozent belegt ( ... ) und bis zum Ende des Jahrhunderts ausgebucht ist".
In der Bürener Haftanstalt ist nach dem Sicherheitsdienst (Kötter Security) ein weiterer Bereich privatisiert worden. Die psychosoziale Betreuung der Abschiebehäftlinge wird nicht mehr durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) durchgeführt.
Betreuung hat die Firma EHC übernommen
Die Betreuung hat die Firma Kote & Mrosek (European Homecare EHC) übernommen. EHC ist einer der größten Dienstleister auf dem "Flüchtlingsmarkt". Auf der Internetseite des Unternehems heißt es, " ... wir organisieren kostengünstig die Einrichtung und regelmäßige Belieferung von Wohnheimen und Unterkünften für soziale Randgruppen." In Österreich betreut European Homecare seit dem 1. Juli alle Bundesflüchtlingseinrichtungen. Der Grund warum EHC den Zuschlag bekam, war die Tatsache, dass das EHC die Betreuung pro Tag und Asylwerber für 12,90 Euro übernahm - so die Initiatoren der Demonstration. Vorher hätten die Kosten dafür bei 17 Euro gelegen. "Das Rote Kreuz konnte bei diesem 'Dumping' nicht mithalten", heißt es in der Presseerklärung der Demo-Vorbereitungsgruppe.
"Die Unmenschlichkeit der Abschiebung ist nach zehn Jahren auch noch profitabel geworden", heißt es hier weiter. Dass es sich dabei meist um Menschen handele, die teilweise tödliche Gefahren einer Flucht auf sich nehmen würde, werde vielfach verdrängt. Flucht jedoch sei kein Verbrechen - "kein Mensch ist illegal" - rufen die Verantwortliche zur Teilnahme an der Demonstration auf. - Weitere Informationen unter Tel.: (0209) 38966060 oder im Internet: www.aha-bueren.de
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