Gütersloher Zeitung / Neue Westfälische ,
07.08.2004 :
Kameras kontra Fahrradklau / Polizei startet in diesem Jahr Videoüberwachung am Bahnhof und ZOB
Gütersloh (raho). Die elektronischen Augen der Stadtwerke am Busbahnhof an der Kaiserstraße waren erst der Anfang: Noch in diesem Jahr startet die Polizei die Videoüberwachung des gesamten ZOB und des Bahnhofsvorplatzes. Hauptziel ist nach Behördenangaben die Eindämmung der Fahrraddiebstähle vor dem Bahnhof.
Landrat Sven-Georg Adenauer, der die nach Gütersloher Sprachregelung als "Beobachtung" bezeichnete Überwachung "schon seit Jahren" angestrebt hat, sprach gestern von einem "wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit und des Sicherheitsgefühls der Bürger".
Dass Adenauer nach vergeblichen Anläufen vom Land jetzt grünes Licht bekam, liegt vor allem an dem veränderten Polizeigesetz, nach dem inzwischen alle Straftaten aufgezeichnet werden dürfen. Vorher war dies nur bei Delikten von erheblicher Bedeutung wie Raub oder Drogenhandel (wie im Ravensberger Park in Bielefeld) möglich.
Gütersloh ist eine von fünf Polizeibehörden des Landes, für die Düsseldorf die Sachkosten der Überwachung übernimmt. Das sind im Gütersloher Fall vier Kameras (zwei am Cinestar-Kino und zwei am C &A-Gebäude) sowie Monitore, Speichermedien und Übertragungsgeräte. Das Personal (von morgens bis nachts soll stets ein Beamter die Bildschirme im Blick haben) muss die Behörde hingegegen selbst stellen.
Der Überwachungsstand wird nicht vor Ort, sondern auf der Hauptwache oder in der Leitstelle an der Herzebrocker Straße eingerichtet. Wie der Leiter der Polizeiinspektion Gütersloh, Jürgen Siebel, erklärte, könnten binnen zwei bis drei Minuten Beamte am Tatort sein. Diese "Interventionskräfte" im Hintergrund kämen von der Citywache und der Zentrale.
Im Jahr 2003 verzeichnete die Polizei am Bahnhof 92 Fahrraddiebstähle. Durch die Kameras sollten Täter abgeschreckt werden. "Im Vordergrund steht die Vorbeugung", so Adenauer.
Freilich gehe es auch darum, Körperverletzungen, Ladendiebstähle und Sachbeschädigungen zu verhindern und aufzuklären. Das seien allerdings "Nebenprodukte". ZOB und Bahnhof seien in dieser Hinsicht "kein Kriminalitätsschwerpunkt".
Hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre will die Polizei in den kommenden Wochen Anwohner ansprechen, deren Wohnungen bei Kamera-Schwenks unweigerlich mit ins Visier geraten. Es werde gewährleistet, dass Fenster oder Balkone auf den Monitoren lediglich als schwarze Flecken zu sehen seien, beteuerte Inspektionschef Siebel. Diese Darstellung lasse sich von dem Überwachungspersonal nicht aufheben.
Behördensprecher Karl-Heinz Stehrenberg äußerte sich überzeugt davon, dass die Videoüberwachung bei den Bürgern auf hohe Akzeptanz stoßen werde - "jedenfalls bei den rechtschaffenen".
Kritik äußerte hingegen der heimische Landtagsabgeordnete Jürgen Jentsch, innenpolitischer Sprecher der Düsseldorfer SPD-Fraktion: "Den gläsernen Menschen darf es nicht geben." Die Polizei solle lieber auf Präsenz mit uniformierten Beamten und verdeckten Ermittlern setzten, so Jentsch gegenüber der NW. Er wies auch auf "immens hohe" (Personal)-Kosten der Videoüberwachung hin.
Überrascht von dem Gütersloher Vorhaben zeigte sich der stellvertretende Landesbeauftragte für Datenschutz, Burkhard Freier. "Wir wissen von den Absichten nichts", sagte er unserer Zeitung. Die Behörde werde umgehend das Konzept der Polizei anfordern.
Auf die Frage, ob auch andernorts wegen Fahrraddiebstählen Kameras eingesetzt würden, sagte Freier: "Das hatten wir bisher her noch nicht." Es sei ohnehin zu bedauern, dass die Vorschriften des Polizeigesetzes hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten nicht verschärft, sondern gelockert worden seien.
Nach den Paragraphen ist die Beobachtung per Video auf ein Jahr befristet, kann aber nach Überprüfung verlängert werden. Die Personendaten dürfen höchstens 14 Tage gespeichert werden.
07./08.08.2004
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