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Lippische Landes-Zeitung , 10.08.1990 :

Die Konflikte in der Schülerstraße zwischen den Roma und den Schötmaraner Bürgern spitzen sich zu / Dreck und Müllberge treiben die Bürger zum Protest

Bad Salzuflen-Schötmar (Niew). Die Kinder laufen barfuss durch die Straßen, dunkelhäutige Männer und Frauen tummeln sich in den Geschäften, machen Randale in der Polizeistation und im Salzufler Rathaus. Seit sieben Wochen leben die Schötmaraner mit den Roma "Tür an Tür". Regelmäßig sammeln die Nachbarn von Salzuflens größtem Übergangswohnheim in der Schülerstraße den Dreck aus ihren Gärten, sehen zu, wie die "Gäste" auf dem Rasen Sex treiben, ihre "Geschäfte" verrichten oder Müll jeder Art abladen. Schon am frühen Abend trauen sich die Frauen nicht mehr allein auf die Straße. Die Situation spitzt sich zu, und eine konkrete Abhilfe ist nicht in Sicht.

Eine Abordnung von Anwohnern der Schülerstraße traf sich jetzt mit Bürgermeister Heinz-Wilhelm Quentmeier, Stadtdirektor Dr. Gerd Peter Hendrix und Sozialdezernent Dr. Wolfgang Honsdorf, der für die Unterbringung der Roma zuständig ist, im Rathaus. Im Mittelpunkt stand die Frage "Wohin mit den Roma?", doch eine Klärung dieses Problems wurde nicht erreicht, und so "hausen" sie weiterhin in der ehemaligen Erich-Kästner-Schule in der Schülerstraße und treiben dort ihr Unwesen.

Als Ausweichmöglichkeit für die "ungebetenen Gäste" schlugen die Bürger den Bexter Wald vor. Dort bestünde die Möglichkeit, einen Wohncontainer zu errichten und auf einem eingezäunten Gelände, weit genug von den nächsten Häusern entfernt, die Roma anzusiedeln. Man solle sie mit einem Pass ausstatten, der eine genaue Kontrolle über die Personenzahl erlaubt, die sich derzeit in Salzuflen aufhält. Weiter hin solle ein Pförtner das Gelände bewachen und immer nur einer begrenzten Anzahl der Asylbegehrenden erlauben, das Gebiet zu verlassen, forderte ein Bürger in der Versammlung.

Doch sowohl der Stadtdirektor als auch der Bürgermeister und der Sozialdezernent waren einstimmig der Meinung, dass über eine andere Standortfrage nicht diskutiert werden könne: "Die Bürger gehen auf die Barrikaden, egal wohin wir die Unterbringung der Roma verlegen." Hendrix forderte die Anwesenden deshalb auf, Vorschläge zur Besserung der momentanen Situation zu machen, um das Zusammenleben in der Schülerstraße zu erleichtern. Ein anderes Angebot könne die Stadt den Bürgern derzeit nicht machen.

Auch auf die Bitte, die Roma aus der Stadt auszuweisen, reagierten die Herren der Stadtverwaltung mit Achselzucken und Kopfschütteln: "Uns sind die Hände gebunden, da die Gesetze vorschreiben, jedem Asylbewerber eine Unterbringung und Verpflegung zuzusichern." Und Wolfgang Honsdorf erklärte das unselige Verfahren, das dazu beiträgt, dass die Stadt von Roma "überschwemmt" wird:

Sie kommen über Nacht, stehen am frühen Morgen vor dem Rathaus, und sobald das Wort "Asyl" fällt, haben sie das Recht, einen Bargeldbetrag zu erhalten, der für einige Tage ausreicht. Dann müssen sie sich bei dem zuständigen Ausländeramt des Kreises Lippe gemeldet haben, wo sie als Asylbewerber registriert werden. Sobald dies geschieht, steht ihnen Sozialhilfe und Unterkunft zu. Es ist also auf Gemeindeebene die Zahl der Personen nicht einmal bekannt, die sich hier aufhalten, da sich nicht alle beim Ausländeramt in Detmold registrieren lassen. Vollständige Registrierung wird von der Sozialbehörde auch gar nicht gewünscht, da sonst noch viel mehr Sozialhilfe ausgezahlt werden müsste.

"Ein Lichtblick im Dilemma" sei immerhin die Tatsache, dass der Zustrom mittlerweile abgenommen habe. Die Stadtverwaltung führt dies darauf zurück, dass die Roma Verbindungen in ihre Heimat halten und nun den Daheimgebliebenen erzählen, dass es sich nicht mehr lohnt, hierher zukommen, da es bereits ungemütlich geworden sei. "Es sollte also in unserem Sinne sein, es den unerwünschten Neubürgern hier so unbequem wie möglich zu machen", lautete der Vorschlag von selten der Stadtverwaltung.

Zwar hielten die Schötmaraner dem entgegen, dass die Roma durch dieses Verfahren auch langsam aggressiver würden, doch es scheint der einzige Ausweg zu bleiben: "Wenn wir sie nicht rauswerfen können, müssen wir sie dazu bringen zu gehen", war die einhellige Meinung. Die Stadt versprach, zur Sicherheit der Schötmaraner Anwohner mehrere Wachposten einzusetzen, das Gelände rings um die Schule sauber zu halten und einen Hausmeister mit der Aufgabe der Betreuung zu beauftragen.

Das Zusammenleben zwischen Roma und den einheimischen Bürgern soll verbessert und so erträglich wie möglich gemacht werden. Die Gesetze zu verändern und eine andere Verteilung der Personen vorzunehmen ist Aufgabe der Bundes- und Landesregierung, und auch an diese sind die aktiven Schötmaraner bereits herangetreten. Eine Unterschriftensammlung liegt dem Oberkreisdirektor und dem Regierungspräsidenten vor, und in einem Schreiben an Landesvater Johannes Rau bitten die Bürger den Ministerpräsidenten um einen Besuch mit einer Ortsbesichtigung, wenn dieser in einigen Wochen ohnehin auf einer Stippvisite in der Nachbarstadt Bielefeld ganz in der Nähe weilt.

Die Bürger erwarten darauf eine Resonanz, und bis dahin werden sie in der Schülerstraße so gut wie möglich beschützt. Außerdem steht ihnen eine Ansprechpartnerin im Rathaus zur Verfügung, die jederzeit von den Bürgern angerufen werden kann, falls es zu erneuten Schwierigkeiten kommen sollte.


Salzuflen@lz-online.de

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