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Lippische Landes-Zeitung , 25.08.1990 :

Stimmungsmache gegen Asylbewerber?

So sehr man es auch verurteilen mag: Ladendiebstähle gehören nun einmal zum bundesdeutschen Alltag. Den Versuchungen und Verlockungen der bunten Warenwelt erliegen immer wieder Personen verschiedenster Schichten, verschiedenen Geschlechts und verschiedener Nationalität. Den Ertappten wird in der Regel, besonders bei geringfügigen Verstößen, lediglich die Zahlung einer Bearbeitungsgebühr vom jeweilig "geschädigten" Geschäft abverlangt; von Strafanzeigen wird häufig ganz abgesehen. Ein alltäglicher Vorgang, der in der Regel nicht Eingang in Zeitungsmeldungen findet.

Wenn aber "Asylanten" - nur noch mit Einkaufsgutscheinen von der Stadt Detmold ausgestattet - bei diesem Vergehen ertappt und von der Polizei festgenommen werden, ist es gleich eine Meldung wert (LZ vom 11.08.1990).

Warum? Sollen hier mit moralisch erhobenen Zeigefingern Personengruppen öffentlich stigmatisiert und kriminalisiert werden, denen in der momentan angespannten Situation sowieso die Schuld an immer mehr sozialen Mißständen immer bedenkenloser zugeschoben wird? Anstatt über schwarze Schafe unter den Asylbewerbern zu berichten und damit in bedenkenloser Weise ausländerfeindliche Ressentiments weiter voranzutreiben, wäre es an der Zeit, über ihren schweren Alltag in einer neuen, unbekannte, "kalten" und feindlich gesonnenen Lebenswelt zu berichten. So könnten bestehende Vorurteile abgebaut werden und für ein entspanntes soziales Klima, Verständnis, Hilfsbereitschaft und Toleranz geworben werden.

Evelyn Busse
Christian Kuhnke
Paderborner Straße 151
Detmold

25./26.08.1990
Detmold@lz-online.de

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