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Lippische Landes-Zeitung , 25.08.1990 :

Innenminister Schnoor besichtigte Salzufler Übergangswohnheim / Kalte Dusche bei Bad in der Menge

Bad Salzuflen-Schötmar (gä). Politiker nehmen gern einmal ein warmes Bad in der Menge. Doch für Dr. Herbert Schnoor, Innenminister des Landes NRW, wurde das Bad zur kalten Dusche, als er gestern morgen In Bad Salzuflen anreiste, um die Unterbringung von Roma und Sinti in der Schülerstraße zu begutachten.

Schnell war der Minister von Schötmaraner Bürgern umringt, die ihn mit den Mißständen im Gefolge der massenhaften Unterbringung von Sinti und Roma in der ehemaligen Erich-Kästner-Schule in Schötmar konfrontierten. Schnoor räumte im hitzigen Gespräch auf der Straße (der Minister unterhielt sich mit den Bürgern etwa eine Stunde) ein, dass in Salzuflens Ortsteil Schötmar eine punktuelle Überbelastung durch den Asylbewerberzustrom aus Südosteuropa aufgetreten sei. Baldige Abhilfe solle durch die Errichtung zentraler Aufnahmelager (Schnoor macht sich für das Lager Staumühle bei Hövelhof stark) geschaffen werden.

Tatsächlich hat der Innenminister die fünf Regierungspräsidenten im Land gebeten, in ihrem Bezirk jeweils eine Gemeinschaftsunterkunft für rund 1000 Personen bereitzustellen. Diese Unterkünfte sollen jene Gemeinden entlasten, die über die festgelegte Quote hinaus Asylbewerber aufgenommen haben, und das ist in Bad Salzuflen der Fall.

Keinen Zweifel ließ der Innenminister jedoch daran, dass die Salzufler auch in Zukunft eher mit mehr als mit weniger ausländischen Gästen leben werden. Die Zuwanderung sei eine Folge der offenen Grenzen in Osteuropa, argumentierte er. Es habe keinen Zweck, jene Grenzen nun, nachdem der "Eiserne Vorhang" gefallen sei, von westlicher Seite dichtzumachen. Das würde nur der Wirtschaft und dem Tourismus schaden.

Hinsichtlich der Problemgruppe "Roma und Sinti" versprach er jedoch, die Abschiebepraxis konsequenter durchzuführen und "Roma nicht mehr in unmittelbare Nachbarschaft zur eingesessenen Bürgerschaft" zu bringen. Grund: "wegen nicht angepaßter Lebensweise" des unerwünschten Zuzugs.

Abfuhr für den Roma-Führer

Bad Salzuflen (JL). Nach der hitzigen Diskussion mit den Anwohnern der Schülerstraße besichtigte Dr. Herbert Schnoor das Gelände der ehemaligen Erich-Kästner-Schule, um eigene Eindrücke von den Lebensumständen der Asylanten zu sammeln.

Mit dem Sprecher der Roma-Gruppe kam es zu einem Wortgefecht, in dessen Rahmen Schnoor ungewöhnlich deutlich wurde: "Ich appelliere an Sie, sorgen Sie dafür, dass sich die Bürger in der Nachbarschaft nicht belästigt fühlen", mahnte er.

Die Stimmungslage sei im Moment sehr explosiv, und es gebe sonst Arger, erklärte Schnoor weiter. Aus den Antworten des Roma-Sprechers wurde für ihn ersichtlich, welche Motive eigentlich maßgeblich für den Asylantrag der Roma in Schötmar sind. Schnoor mit ärgerlicher Stimme: "Ihre Anträge werden überprüft Sollten Sie Wirtschaftsflüchtlinge sein, werden sie Deutschland wieder verlassen müssen."

Abschließend urteilte der Minister, dass es momentan wichtigste Aufgabe sei, das Wohlstandsgefälle zwischen den verschiedenen europäischen Staaten zu egalisieren, um für die Menschen dort einen Anreiz zu schaffen, in ihrem Land zu bleiben.

25./26.08.1990
Salzuflen@lz-online.de

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