www.hiergeblieben.de

Lippische Landes-Zeitung , 30.08.1990 :

Nach zähem Ringen um die beste Formulierung: Breite Einigung auf eine Asyl-Resolution im Rat

Bad Salzuflen (gä). Gleich vier Anträge zu einer Resolution bezüglich des Asylproblems in der Badestadt lagen den Ratsmitgliedern gestern Abend vor. Während sich CDU, SPD und FDP (bis auf einen strittigen Punkt) nach langer Diskussion mit abschließender Verhandlung hinter geschlossenen Türen (nach etwa zehnminütiger Sitzungsunterbrechung) zu einer gemeinsamen Formulierung durchringen konnten, beharrten die Grünen auf ihrer Sonderposition.

Der zwischen Christdemokraten und Sozialdemokraten auf der einen, den Liberalen auf der anderen Seite strittige Punkt war die Forderung der CDU, Bundestag und Bundesrat aufzufordern, "das Grundgesetz Artikel 16 (Asylrecht, Anm. d. Red.) so zu ändern, dass gewährleistet ist, nur politischen Flüchtlingen Asyl zu gewähren".

Zwar betonte CDU-Fraktionssprecher George Zeich, dass Änderung im Sinne von "Ergänzung" gemeint sei (dem konnten die Sozialdemokraten unter Hinweis auf die dezidierte Position der lippischen SPD folgen); doch FDP-Fraktionssprecher Jürgen Riekehof machte unmissverständlich klar, dass für die Liberalen die Gesetzesformulierung des Grundgesetzes nicht zur Disposition stehe. Eine Änderung oder Ergänzung sei zur Eindämmung des Asylrechtsmissbrauchs auch gar nicht nötig, die Reform des Asylverfahrens (zentrale Erfassung von Asylbewerbern, Verfahrensstraffung, konsequente Abschiebung nach Ablehnung) reiche völlig aus.

Völlig fremd standen die Grünen dem sich abzeichnenden Kompromiss der anderen Fraktionen gegenüber. Grünen-Fraktionschef Hans Immanuel Herbers betonte, dass die Stadt der Realität ins Auge sehen müsse, in Zukunft eher mit mehr als mit weniger Flüchtlingen zu leben; dieses Faktum träte selbst dann ein, wenn es in der Bundesrepublik überhaupt kein Asylrecht gäbe, argumentierte er und berief sich dabei auf Ausführungen von NRW-Innenminister Dr. Herbert Schnoor vor wenigen Tagen in der Schülerstraße (offene Grenzen, wirtschaftliche Notwendigkeiten, Sogwirkung des Wohlstandsgefälles). Den anderen Fraktionen und der Sozialverwaltung warf er vor, vor diesem Faktum die Augen zu verschließen statt konzeptionell darauf zu antworten (Vorschlag der Grünen: Flüchtlings-Wohncontainer gleichmäßig über die ganze Stadt verteilt).

Trotz heftiger und kontrovers geführter Diskussion waren sich jedoch alle Ratsmitglieder darüber einig, dass die "akute Notsituation", verursacht durch den überraschenden Massenandrang rumänischer Flüchtlinge (Juli/August) und die dadurch ausgelöste Gefährdung des sozialen Friedens, nun überwunden sei.

Tatsächlich hat sich nach Auskunft von Sozialdezernent Dr. Wolfgang Honsdorf die Zahl der Roma im Übergangswohnheim geradezu halbiert. Zur Zeit leben dort noch 100 bis 120 rumänische Asylbewerber (großenteils Roma) und etwa 40 Flüchtlinge aus anderen Asylgruppen (Kurden, Libanesen, Syrer).

In der gemeinsamen Resolution von CDU, SPD und FDP (minus Paragraph 16 GG) werden Bundes- und Landesregierung aufgefordert, die Stadt Bad Salzuflen kurzfristig durch das eingeleitete Umverteilungsverfahren zu entlasten, die Kommunen von der Erstaufnahmepflicht zu entbinden, Asylbewerber in Zentrallager aufzunehmen und zu erfassen, die Asylverfahren drastisch zu verkürzen und sicherzustellen, "dass nur politisch Verfolgten Asyl gewährt wird".



Salzuflen@lz-online.de

zurück