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Lippische Landes-Zeitung , 04.01.1993 :

Schüsse in der Silvesternacht: Fremdenhass vermutlich das Motiv - Polizei meldet schnellen Erfolg / Haftbefehl gegen zwei Täter erlassen

Detmold. In Zusammenhang mit den Schüssen, die in der Silvesternacht auf zwei Aussiedlerunterkünfte in Detmold abgegeben worden waren, ist gegen zwei Männer Haftbefehl erlassen worden. Dies teilten gestern die Detmolder Staatsanwaltschaft und die Bielefelder Mordkommission in einer Presseerklärung mit. Das Motiv für diese Tat ist nach diesen Angaben "vermutlich Fremdenhass".

Die Auswertung der am Tatort vorgefundenen Spuren hatte ergeben, dass die Schüsse, die glücklicherweise nur Sachschaden anrichteten, aus dem Fenster einer Wohnung in der Felix-Fechenbach-Straße abgegeben worden waren. Die betreffenden Räumlichkeiten, so heißt es, befänden sich in einem Abstand von etwa 120 Meter Luftlinie zu den Aussiedlerwohnungen.

Bereits am Abend des Neujahrstages seien Beamte des Bielefelder Spezialeinsatzkommandos in die Räume, aus denen die Kugeln abgefeuert worden seien, eingedrungen. Die dort angetroffenen fünf Männer habe man anschließend vorläufig festgenommen. Im Zuge der weiteren Ermittlungen sei dann in der Wohnung eines der Verdächtigen, ebenfalls in der Felix-Fechenbach-Straße, ein Gewehr der Marke Winchester 93 AE mit dem Kaliber 30-30 gefunden und sichergestellt worden.

Die Vernehmungen hätten ergeben, so Staatsanwaltschaft und Mordkommission, dass drei der Festgenommenen zur fraglichen Zeit Schüsse abgegeben hätten. Das Trio, 37, 36 und 31 Jahre alt, habe Teilgeständnisse abgelegt. Die drei seien daraufhin wegen des Verdachts des versuchten Mordes dem Haftrichter vorgeführt worden, der nur den jüngsten der Verdächtigen wieder auf freien Fuß gesetzt habe.

"Glückliche Umstände"

Gleich nach Bekanntwerden der Tat hatten sich die Bielefelder Mordkommission und das dortige Staatsschutzkommissariat, und zwar die Ermittlungsgruppe "Fremdenfeindliche Straftaten", in die Ermittlungen der Detmolder Kripo eingeschaltet. Wie berichtet, waren gegen 0.50 Uhr am Neujahrsmorgen zwei Wohnungen in der Felix-Fechenbach- und in der Willi-Schramm-Straße beschossen worden, in denen sich jeweils mehrere Aussiedler - überwiegend aus Russland kommend - aufhielten, um gemeinsam zu feiern. Nur sehr glücklichen Umständen war es zu verdanken, dass die Projektile niemanden der insgesamt 20 Personen trafen.

Dies ist das erste Mal, dass sich in Lippe Anschläge mit fremdenfeindlichem Hintergrund gegen Aussiedler richten. Bisher waren ausschließlich Asylbewerber betroffen.


Detmold@lz-online.de

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