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Antifa-West , 24.06.2004 :

Vom Kopf auf die Füße gestellt / Einige Klarstellungen zu Behauptungen der Georg-Weerth-Gesellschaft

Von der Georg-Weerth-Gesellschaft e.V. werden in letzter Zeit Flyer, Briefe und Aufrufe verbreitet, in denen schwere Vorwürfe gegen die "sogenannte Antifa" vorgetragen werden. Beim Lesen dieser Pamphlete entsteht der Eindruck, AntifaschistInnen hätten Veranstaltungen der Gesellschaft mit Gewalt verhindern wollen. Mitarbeiter der Antifa-West haben die fraglichen Veranstaltungen besucht und beobachtet. Es geht uns an dieser Stelle nicht um eine Auseinandersetzung mit den Inhalten der Veranstaltungen oder der Ideologie der Georg-Weerth-Gesellschaft, sondern um eine Richtigstellung der Verdrehungen und Unterstellungen, die in diesem Zusammenhang von dem Verein verbreitet werden.

Veranstaltungen der Georg-Weerth-Gesellschaft verliefen störungsfrei

Die Georg-Weerth-Gesellschaft behauptet, AntifaschistInnen aus Detmold und Bielefeld hätten versucht, Veranstaltungen der Gesellschaft zu verhindern und reklamiert für sich die Rolle als Opfer unkalkulierbarer Gewalt und Gewaltandrohungen. Da ist von "anonymen Antifas" die Rede, von "Denunziation", vom "antifaschistischen Mob", vom "Antifa Aktivisten", der die "Hasskappe" einpackt, vom "'Knüppel-frei'-Befehl für den autonomen Antifa-Schläger", von Antifa-Gruppen, die gewillt seien "ihr Diskussionsverbot mit Gewalt durchzusetzen", oder denen der "Judenmord als legitimes Mittel des 'Widerstands' erscheint". Die drastische Wortwahl lässt an Mord und Totschlag denken.
Entgegen dem hier erzeugten Eindruck haben alle vier Veranstaltungen der Gesellschaft stattgefunden und sind völlig störungsfrei verlaufen. Von Gegenaktionen oder Störversuchen irgendeiner Art war nichts zu sehen. Niemand hat versucht, die Referentin Ilka Schröder "nicht zu Wort kommen zu lassen".

Es scheint uns daher angemessen, die Ereignisse um die Veranstaltungen der Georg-Weerth-Gesellschaft vom Kopf auf die Füße zu stellen. Unser Interesse ist nicht die Einmischung in den schon länger bestehenden Konflikt zwischen Detmolder Gruppen und der Georg-Weerth-Gesellschaft. In den aktuellen Schriften der Gesellschaft werden jedoch antifaschistische Initiativen und Freundinnen und Freunde aus Ostwestfalen, mit denen wir erfolgreich und gerne zusammenarbeiten, pauschal verleumdet. Eine Veranstaltungsankündigung für den 24. Juni an der Bielefelder FH Sozialwesen weist in die gleiche Richtung.

Georg-Weerth-Mitglieder werden als Privatpersonen aktiv

Am 13. Mai führte die Georg-Weerth-Gesellschaft in Detmold eine Veranstaltung mit Karl Selent durch. Die Hausversammlung des unabhängigen Kulturzentrums "alte Pauline" hatte zuvor eine Durchführung der Veranstaltung in ihren Räumen abgelehnt, u.a., weil Selent sich positiv auf rechtsextreme serbische Paramilitärs bezieht. Die Veranstaltung wurde daher in unmittelbarer Nähe zur alten Pauline auf einem Parkplatz als Kundgebung organisiert. Während der Veranstaltung fand im Kulturzentrum eine Party statt. Die alte Pauline hatte sich durch ein Transparent von der Veranstaltung distanziert. Von zwei der rund 35 Anhänger der Georg-Weerth-Gesellschaft kam es zwar zu einem kleineren Angriff auf einen Besucher des Kulturzentrums, grundsätzlich verliefen Veranstaltung und Party jedoch friedlich nebeneinanderher. Später riet die Georg-Weerth-Gesellschaft dem Referenten, Anzeige gegen einzelne Personen aus der alten Pauline zu erstatten, die das Transparent angeblich aufgehängt hatten, auf dem Selent als "rassistisch" bezeichnet wurde.

Bis zum 14. Juni, an dem eine weitere Veranstaltung der Georg-Weerth-Gesellschaft mit Ilka Schröder in Detmold stattfand, wurde die alte Pauline mehrfach angegriffen. Personen brachen in das Kulturzentrum ein, zerstörten fast alle Schlösser und hinterließen Sprühereien. Am Samstag vor der Veranstaltung mit Ilka Schröder wurden Fensterscheiben eingeworfen. Zumindest ein Teil der Täter wurden als Anhänger oder Mitglieder der Georg-Weerth-Gesellschaft erkannt. Diese argumentiert, die Beschädigungen seien nicht dem Verein zuzurechnen, sondern Leuten, die "als Privatpersonen aktiv" geworden seien. Aufgrund dieser Vorkommnisse und vorangegangener Gewalttätigkeiten von Georg-Weerth-Mitgliedern gegen Besucher der alten Pauline, hatten nun etliche Hausverbot in dem Kulturzentrum. Die Hausversammlung wollte daher keine weiteren Veranstaltungen des Vereins in dem Zentrum. Ilka Schröder wurde im Vorfeld des 14. Juni deutlich gemacht, dass sich diese Verweigerung nicht gegen sie oder ihre Positionen richte, sondern ausschließlich gegen die Georg-Weerth-Gesellschaft als Veranstalter. Die Veranstaltung wurde von dieser dann wieder als Kundgebung am Rande der Detmolder Innenstadt organisiert und verlief völlig störungsfrei. In der Nacht erschienen erneut ca. zehn Personen vor der alten Pauline und hinterließen Beschädigungen am Haus und an dem PKW eines Besuchers.

Verleumdungen nicht mehr diskursfähig

Die Antifa-West arbeitet zusammen mit anderen Initiativen aus Bielefeld, Detmold und Ostwestfalen für eine Bekämpfung der extremen Rechten und rassistischer, nationalistischer und antisemitischer Einstellungen in der sogenannten "Mitte der Gesellschaft". Wir haben uns zuletzt an der politischen Kampagne gegen den Bielefelder Nazitreffpunkt "Postmeister" beteiligt, an Aktionen gegen das Collegium Humanum, die Burschenschaft "Normannia Nibelungen" oder an der Veranstaltung der Ausstellung "Tatort Stadion" gegen Rassismus und Diskriminierung beim Fußball. Der tumbe "hasskappenbesetzte und knüppelschwingende autonome Antifaschläger" ist uns in der Praxis nie begegnet. Er war immer eine Projektion der Kreise am rechten Rand oder rechts von der CDU.
Wir teilen die Ideologie, wie sie vom sogenannten antideutschen Sprektrum vertreten wird, in vielen Punkten nicht. Wir haben aber auch mit Initiativen und Menschen demonstriert oder zusammengearbeitet, die antideutsche Auffassungen ganz oder in Teilen vertreten und sind gerne bereit uns in solidarischer Weise darüber auseinanderzusetzen. Diese Bereitschaft endet aber bei pauschalen Verleumdungen und Verdrehungen, mit denen die Georg-Weerth-Gesellschaft an den Sprachgebrauch von Verfassungsschutz und bürgerlicher Anti-Antifa anknüpft. Das ist ebensowenig diskursfähig, wie die Versuche, das unabhängige Kulturzentrum alte Pauline zu zerstören.


antifa-west@nadir.org

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