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Lippische Landes-Zeitung , 03.07.2004 :

Alles andere als eine Routinesache / Gäste aus Israel im Rathaus empfangen

Detmold (da). Bereits seit 1990 besuchen Jahr für Jahr ehemalige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger beziehungsweise deren Nachfahren Lippe und die Residenzstadt. Trotz ihrer Regelmäßigkeit sind diese Aufenthalte nicht zur Routine geworden, sondern bleiben wegen der damit verbundenen persönlichen Schicksale ein besonderes Ereignis. Dies wurde gestern wieder einmal deutlich, als Bürgermeister Friedrich Brakemeier im Rathaus Cilla Heilbrunn-Dingsdag, ihre Tochter Warda Avitov und ihre Enkelin Shiran Avitov empfing.

Besonders als der jüngste Gast, die erst 19-jährige Shiran, das Wort ergriff, um ihre Eindrücke zu schildern und für das "Nicht-Vergessen" zu danken, bekamen einige der Anwesenden feuchte Augen. Anders als ihre Mutter und Großmutter, die bereits im Jahr 2000 in Detmold waren, hält sich die junge Frau das erste Mal in Deutschland auf, nachdem sie bereits im vergangenen Jahr Polen besucht hatte.

Cilla Heilbrunn-Dingsdag, 1919 in Amsterdam geboren, überlebte im Gegensatz zu ihren Eltern die deutsche Besatzung in zahlreichen Verstecken. 1947 heiratete sie in Palästina den in Lemgo geborenen Ernst Heilbrunn, Bruder von Uri Lev-Ron (Rudi Heilbrunn). Noch in hohem Alter engagiert sich die Mutter von drei Kindern für die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern. Cilla Heilbrunn-Dingsdag lebt heute in Pardess Hana, und zwar in dem Haus, das die Eltern der Heilbrunn-Brüder nach ihrer Einwanderung 1933 errichtet hatten.

Für Shiran ist diese Reise nach Lippe vor allem eine Begegnung auf den Spuren ihrer Urgroßeltern Max Heilbrunn und Else, geborene Buchholz. Heilbrunn war Anfang des vergangenen Jahrhunderts Leiter der jüdischen Schule in Lemgo und Prediger in der Synagoge. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete er zeitweilig als Redakteur für die Lippische Landes-Zeitung.

Brakemeier zog während des Empfangs eine positive Bilanz der Besuchswochen, die von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit organisiert werden. Gleichzeitig mahnte er dazu, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, damit sich diese grausamen Verbrechen nicht wiederholen. Als wichtig bezeichnete das Stadtoberhaupt auch das Halten des Kontaktes zu der zweiten und dritten Generation der Opfer.

Die Gäste aus Israel, die noch bis zum Donnerstag in Lippe bleiben, wurden begleitet unter anderem von der Lemgoer Ehrenbürgerin Karla Raveh, der Geschäftsführerin der Gesellschaft, Hanne Pohlmann, sowie den Ehepaaren Ingrid und Karl-Heinz Schäfer sowie Gertrud und Peter Wagner.

03./04.07.2004
detmold@lz-online.de

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