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Der Patriot - Lippstädter Zeitung ,
03.07.2004 :
Der Leser hat das Wort: "Irritation über Redner" / Bezug: Artikel "Ungewöhnlicher Auftritt begleitet Feier"
Geseke. Mit Erstaunen habe ich Ihren Artikel "Ungewöhnlicher Auftritt begleitet Fest", der den Bericht über die Abiturentlassungsfeier des Geseker Gymnasiums begleitete, zur Kenntnis genommen. Mich befremdet dabei nicht die Tatsache, dass ein Abiturient einen nicht geplanten Redebeitrag geleistet hat, sondern vielmehr die Art, wie die von ihm angesprochene Gesellschaftskritik belächelt wird. In dem Artikel scheint der Schottenrock viel wichtiger zu sein, als die "Ungerechtigkeit des sozialen Systems", auf die er aufmerksam machen wollte; seine Kritikpunkte werden aber in keinster Weise im Artikel beschrieben. Ich war leider während der Abiturfeier nicht anwesend, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass der junge Mann, wie Sie schreiben, nur seinen persönlichen Ärger äußern wollte, sondern vielmehr gesamtgesellschaftlich relevante Fragen ansprechen wollte. Nur scheit man so etwas aber auf einer Abiturfeier, auf der schließlich eine Elite der Gesellschaft und weniger die sozial Benachteiligten vertreten sind, wo diejenigen gefeiert werden, die später die allerbesten Berufsaussichten haben und jene Menschen mit geringer qualifizierten Schulabschlüssen, deren Zukunft nicht all zu rosig aussieht, wohl lieber vergessen werden, nicht so gerne zu hören. Wie sonst lässt sich die Irritation über den spontanen Redner erklären? Ich bin mir wohl der Angreifbarkeit meiner spekulativen Einschätzung des Vorfalls bewusst und möchte an diese Stelle nicht weiter in Polemik verfallen. Was mir als unabhängige Betrachterin jedoch auffällt, ist die Tatsache, dass sich vielmehr über die äußere Erscheinung eines jungen Menschen pikiert wird, als dass darüber nachgedacht wird, warum der Abiturient so auftritt, was er damit demonstrieren möchte. Ich finde es schade, dass diese Rede, die ja im Gegensatz zu den geplanten, durchdachten und sicherlich beschönigenden Reden, spontan und ohne Rücksicht auf die leider bei offiziellen Veranstaltungen gelten Tabus war, so wenig ernst genommen wurde, nur weil der Redner keinen Anzug trug.
Kaja Tulatz
Gartenstraße 10
Lippstadt
03./04.07.2004
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