Frankfurter Allgemeine Zeitung ,
08.12.1986 :
Anschlag in Bielefeld verhindert
L.B. Düsseldorf, 7. Dezember. Die Polizeibehörden haben einen für Dienstag geplanten terroristischen Anschlag auf eine Niederlassung des Siemens-Konzerns in Bielefeld verhindern können, der nach den sichergestellten Unterlagen entweder der Rote Armee Fraktion (RAF) oder den Roten Zellen zugeordnet werden muss. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte die Festnahme eines 24 Jahre alten Bielefelder Studenten, der als voraussichtlicher Täter gilt. Gegen den Mann wurde Haftbefehl erlassen. Nach mindestens zwei weiteren Mitwirkenden bei der Vorbereitung des Sprengstoffanschlags wird noch gefahndet.
Die Polizei nahm den Beschuldigten höchstwahrscheinlich auf Grund von Hinweisen aus der Nachbarschaft in seiner Bielefelder Wohnung fest. In der Wohnung wurde der handschriftliche Entwurf eines dreiseitigen Bekennerschreibens sichergestellt, in dem es heißt: "Wir haben am 9.12.1986 auf das Bürogebäude der Siemens AG in Bielefeld einen Sprengstoffanschlag verübt." Das Schreiben enthielt die Forderung, alle "Gefangenen aus RAF und Widerstand" in einer Haftanstalt zusammenzulegen, und endete mit der Bekennerzeile"Kämpfende Einheit Philipp Müller". Dazu war der bei solchen Selbstbezichtigungen der RAF und der Roten Zellen übliche fünfzackige Stern eingezeichnet. In der Wohnung des Mannes und an anderen Stellen fand die Polizei vier Gasflaschen, einen Feuerlöscher und andere Geräte, mit denen man Sprengsätze herstellen kann. Außerdem wurden schriftliche Anleitungen zum Basteln von Bomben gefunden, die den bei linken Terroristen umlaufenden Druckschriften für solche Zwecke entsprechen. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte, der Festgenommene sei wegen dieser Beweismittel "dringend verdächtig, als Mitglied einer terroristischen Vereinigung einen Sprengstoffanschlag vorbereitet zu haben".
Noch ungeklärt ist die Herkunft eines Sprengsatzes, der am Samstagabend in einem Auto in der Dortmunder Innenstadt explodierte und den Fahrer des Wagens lebensgefährlich verletzte. Der 25 Jahre alte Mann hatte seinen eigenen Wagen zunächst unter einer Eisenbahnbrücke geparkt. Als er ihn bestieg, um damit loszufahren, entzündete sich der Sprengsatz, der innerhalb des Wagens in einer Sauerstoff-Flasche deponiert war. Die Polizei schließt einen terroristischen Hintegrund nicht aus.
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