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Mindener Tageblatt ,
26.06.2004 :
Als das Gewissen zum Aufstand rief / Ausstellung im Preußen-Museum über militärischen Widerstand im Dritten Reich öffnet morgen
Von Serhat Ünaldi
Minden (mt). Als das ZDF nach "Deutschlands Besten" suchte, landete Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Platz 49 - vor Marlene Dietrich und einen Platz hinter Richard von Weizsäcker. Stauffenberg, Hitlerattentäter und Offizier, ist die Symbolfigur des militärischen Widerstands, dem jetzt eine Ausstellung im Preußen-Museum gewidmet ist.
"Aufstand des Gewissens" ist der Titel der Ausstellung, die am morgigen Sonntag um 11.30 Uhr eröffnet wird. Besucher werden hier über die Hauptakteure, Hintergründe und Folgen des militärischen Widerstands gegen das NS-Regime informiert. Anlässlich des 60. Jahrestags des Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 macht die Wanderausstellung in Minden Halt.
"Es gab eine Vielzahl von Bewerbern, die die Ausstellung zu diesem historischen Datum gerne zu sich geholt hätten. Wir sind deshalb besonders froh, den Zuschlag bekommen zu haben", so Dr. Veit Veltzke vom Preußen-Museum NRW.
Die 60 beleuchteten Schautafeln arbeiten anschaulich die Geschichte und Geschichten rund um Stauffenberg und seine Mitstreiter auf - von der Machtübernahme Hitlers bis hin zu den Auswirkungen des 20. Juli auf die Jetzt-Zeit. Farblich unterlegt ist der Rundgang in sechs Kapitel unterteilt. "Wir haben die Texte nach der Umgestaltung der Ausstellung im Jahr 1999 gekürzt, damit der Laie nicht mit Wörtern überfrachtet wird", so Dr. Thomas Vogel, Historiker des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes Potsdam, der die Ausstellung gestaltet hat.
So erfährt der Besucher, dass der Widerstand in den Reihen der Offiziere bereits 1938 seinen Anfang nach. Damals entließ Hitler die beiden ranghohen Militärs Blomberg und Fritsch. "Viele noch kaiserzeitlich motivierte Generäle waren Hitler ein Dorn im Auge, weil sie ihm nicht nationalsozialistisch genug waren", so Vogel. So sei Fritsch etwa der Homosexualität bezichtigt worden, um ihn seines Amtes entheben zu können.
Das Ziel war klar: Hitler muss sterben
Die Blomberg-Fritsch-Krise sei ein Schlüsselereignis der deutschen Militärgeschichte gewesen, erklärt Vogel. "Hitler löste in der Folge das Reichskriegsministerium auf und ersetzte es durch das Oberkommando der Wehrmacht."
Daraufhin regte sich erster Widerstand. Eine Gruppe um den ehemaligen Generalstabschef Ludwig Beck begann, einen Staatsstreich zu planen. "Sie sahen, dass Deutschland auf einen Krieg zusteuert und wollten Hitler entmachten", so der Militärhistoriker. Der Putsch wurde nie durchgeführt.
Jahre später hatte sich im Allgemeinen Heeresamt in Berlin, dem "Bendlerblock", eine neue Gruppe aus Generälen formiert. Das Ziel war diesmal klar formuliert: Hitler muss sterben. Moralische Werte trieben die Militärs gemeinsam mit zivilen Widerstandsgruppen an.
Nach mehreren gescheiterten Attentats-Versuchen deponierte Oberst Stauffenberg im "Führerhauptquartier Wolfsschanze" bei einer Lagebesprechung mit Hitler eine Bombe. Versteckt in einer Aktentasche sollte der Sprengstoff den Diktator töten. Doch die Sitzung wurde vorverlegt. Unter Zeitdruck konnte Stauffenberg nur ein Kilo Sprengstoff anstelle der vorgesehenen zwei Kilo scharf machen. Das Attentat schlug fehl. Noch am Abend des 20. Juli wurde Stauffenberg im Hof des Bendlerblocks erschossen. 200 Menschen wurden im unmittelbaren Zusammenhang mit dem 20. Juli hingerichtet. An sie soll die Ausstellung erinnern.
Referenten von internationalem Rang
Begleitend hat das Preußen-Museum gemeinsam mit der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik und in Zusammenarbeit mit der VHS ein umfangreiches Rahmenprogramm erstellt. Dazu gehören Vorträge, Lesungen und Filmvorführungen in Minden und Bückeburg. So wird am 29. Juni der international renommierte Historiker Prof. Hans Mommsen über "Die politischen Zielsetzungen und moralischen Beweggründe der Verschwörer gegen Hitler" berichten. Außerdem sind an mehreren Schulen Projekttage und Ausflüge zum Thema vorgesehen, deren Ergebnisse am 20. Juli im Preußen-Museum vorgestellt werden.
Für die Vorträge an der Heeresfliegerwaffenschule in Bükkeburg sind Anmeldungen erforderlich, Telefon (0 57 22) 9 68 38 - 30 oder - 31. Einen Überblick über das Programm gibt es im Internet:
www.preussenmuseum.de/ticker_news.html
26./27.06.2004
mt@mt-online.de
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