Neue Westfälische ,
22.08.1987 :
Authentische Farbaufnahmen zeigen katastrophale Lebensumstände / Alte Dias aus Lager Stukenbrock gefunden / Aufgenommen vom Lagerarzt
Schloß Holte-Stukenbrock (Eig. Ber./pivo). Ein einzigartiger Fund ist einem Bürger der Gemeinde Schloß Holte-Stukenbrock geglückt: Auf der Suche nach heimatgeschichtlich interessanten Fotos entdeckte er eine umfangreiche Farbdiaserie vom früheren Kriegsgefangenenlager Stalag 326 (VI/K).
Die Bilder sind in den Jahren 1941 und 1942 entstanden. Aufgenommen wurden sie vom damaligen deutschen Lagerarzt.
Brauchbare Fotos vom Stalag 326 waren bisher Mangelware. Man fand nach dem Krieg nur etwa ein Dutzend Bilder von durchweg schlechter Qualität und magelnder Aussagekraft. Die Farbaufnahmen des deutschen Lagerarztes vermitteln dagegen zum ersten Mal so etwas wie Authentizität.
Eindrucksvoll werden die katastrophalen Lebensumstände der Russen in Stukenbrock belegt. Der Arzt hat zum Beispiel die Erdhöhlen fotografiert, in denen die Gefangenen zunächst hausen mussten. Außerdem die unzureichenden sanitären Bedingungen, Gefangene beim Zubereiten ihrer Steckrüben-Mahlzeit und wohlgenährtes deutsches Lagerpersonal, das ein Gemüsebeet vor dem Lagerzaun begutachtet.
Der Friedhof für sowjetische Kriegsgefangene in Stukenbrock gilt als die größte Kriegsgräberstätte in der Bundesrepublik. 65000 Angehörige der Roten Armee sollen zwischen 1941 und 1945 auf dem Gelände des früheren Lagers in Massengräbern verscharrt worden sein. Neuere Forschungen sprechen von 45000 russischen Soldaten, die in Stukenbrock umkamen. Der Lemgoer Geschichtslehrer Reinhard Otto errechnete in dem Buch "Verdrängte Geschichte - Verfolgung und Vernichtung in Ostwestfalen" eine Sterbequote von 70 Gefangenen pro Tag im Lager von Stukenbrock (Siehe Bericht "Zwischen Weser und Rhein").
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