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Mindener Tageblatt , 19.06.2004 :

Widerstand für eine Demokratie unverzichtbar / Film zur Veranstaltungsreihe "Aufstand des Gewissens" / Erinnerungen an die "Weiße Rose"

Von Martin Steffen

Minden (mar). "Eigentlich wollte ich mit den Zahlen 21, 25 und 24 beginnen. So alt waren Sophie Scholl, ihr Bruder Hans und Christoph Probst, als sie mit dem Fallbeil hingerichtet wurden."

Eindringlich schildert Wolfgang Döbber die Geschichte der Widerstandsgruppe "Die weiße Rose" um die Geschwister Scholl, die am 22. Februar 1943 in München hingerichtet wurden, weil sie in Flugblättern die Nazi-Diktatur kritisiert und zum Widerstand aufgerufen hatten.

Vor 60 Jahren detonierte in einer ostpreußischen Baracke die Bombe, die Hitler töten sollte. Das Attentat der Offiziere des 20. Juli 1944 markiert einen Höhepunkt des Widerstandes gegen die Nazi-Diktatur - doch es war weder der erste noch der einzige Akt der Auflehnung gegen ein verbrecherisches Regime.

Zu denen, die Tod und Verhaftung in Kauf nahmen gehörten auch jungen Männer und Frauen der "Weißen Rose". Der gleichnamige Spielfilm des Regisseurs Michael Verhoeven stand am Beginn der Veranstaltungsreihe zum "Aufstand des Gewissens".

Wolfgang Döbber, Sport- und Filmjournalist aus Bad Oeynhausen, stellte den Film im Kleinen Theater am Weingarten vor. Vom 27. Juni an ist im Preußen-Museum auf dem Simeonsplatz die Ausstellung "Aufstand des Gewissens" zu sehen. Dort geht es vorrangig um widerständiges Handeln von Soldaten gegen das NS-Regime. Begleitet wird die Präsentation des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes unter anderem von einer Filmreihe der VHS.

"In dieser Reihe sollten neben dem Schwerpunkt der filmischen Darstellung des Stauffenberg-Attentats auch andere Widerstandshandlungen beispielhaft dargestellt werden", erläutert VHS-Direktor Udo Witthaus: So sei die Wahl auf Verhoevens Film gefallen, der den Widerstand junger Studenten thematisierte.

"Ich freue mich, dass viele jüngere Besucher zur Auftaktveranstaltung gekommen sind", zeigte sich Ulrich Wilke von der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) bei der Begrüßung beeindruckt. Die GfW, Bundeswehr, Preußen-Museum und VHS bestreiten auch in Zusammenarbeit mit Schulen in Minden und Schaumburg-Lippe das Begleitprogramm der Ausstellung. Wilke geht es darum, gerade jüngeren Teilnehmern zu zeigen, dass die Fähigkeit zum Widerstand, Nachfragen und Mitdenken für eine Demokratie unverzichtbar seien. Das wolle die Sommerserie "Aufstand des Gewissens" in Minden zeigen.

Dass Jugend im Nationalsozialismus niemanden schützte, machte Döbber mit einem Widerstandsbeispiel aus kirchlichem Milieu deutlich: Ein 17 Jahre alter Lehrling sei zum Tode verurteilt und hingerichtet worden, nachdem er ausländische Nachrichtensendungen gehört, ihren Inhalt abgeschrieben und verteilt habe. Die Geheime Staatspolizei der Nazis habe sich dabei von Energie und Risikobereitschaft dieses und anderer kaum organisierter junger Regimegegner überrascht gezeigt.

Wolfgang Döbber verwies auf die Entschlossenheit und den Mut der "Weißen Rose", deren Mitglieder nicht von Anfang an "dagegen" waren - Hans und Sophie Scholl waren zunächst engagierte Mitglieder der Hitler-Jugend. Etliche Angehörigen der Weißen Rose waren als Soldaten für Abschnitte ihres Studiums vom Kriegsdienst freigestellt. Ihren Entschluss zum Handeln hatten Kriegserfahrung und an der Ostfront beobachtete Verbrechen ebenso beeinflusst wie die Kenntnis über die Verfolgung von Juden und politischen Gegnern der Nazis in Deutschland und Europa.

19./20.06.2004
mt@mt-online.de

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