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Bad Oeynhausener Kurier / Neue Westfälische ,
19.06.2004 :
Geldstrafen für Unbelehrbare / Zwei Holocaust-Leugner wegen Volksverhetzung verurteilt / Horst Mahler sorgt für Irritationen
Von Oliver Plöger
Bad Oeynhausen. Sie erwiesen sich als unbelehrbar. Auch vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen nutzten Ursula Haverbeck-Wetzel (75) und Ernst Otto Cohrs (82) – die beiden wegen Volksverhetzung Angeklagten – gestern die Gelegenheit, die unleugbare Wahrheit über die Vernichtung der Juden und den Holocaust in Abrede zu stellen.
Die in den Ausgaben der "Stimme des Gewissens" im Vorjahr publizierte Argumentation, so Richterin Kurhofer-Lloyd, leugne den Holcaust insgesamt und solle das deutsche Volk von Schuld reinwaschen. Die Rede ist in den Beiträgen von der "Reichskristallnacht", die der "Beginn der großen Lüge" war, die "endgültig zu Fall zu bringen" sei: die "Auschwitz-Lüge".
Es gehe den Angeklagten nicht in erster Linie um die Zahl der getöteten Juden, sondern darum, die Verbrechen zu entkriminalisieren. Haverbeck-Wetzel habe sich in ihrer Stellungnahme zwar auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen, die Meinungsfreiheit schütze aber auch die Tatsachen. Da weder der Rotenburger Ernst-Otto Cohrs, "Schriftleiter" der "Stimme des Gewissens", noch Ursula Haverbeck-Wetzel, Vorsitzende des Vereins "Collegium Humanum" und Verfasserin der Texte, bislang mit dem Gesetz in Konflikt geraten seien, wurde von einer durchaus möglichen Freiheitsstrafe abgesehen: Haverbeck-Wetzel zahlt 180 Tagessätze zu je 30 Euro, Cohrs 180 Sätze zu 20 Euro. Für Staatsanwaltschaft und Richterin stand fest: Der Tatbestand der Volksverhetzung ist gegeben, die Angeklagten beziehen sich in ihren Äußerungen auf bekannte Revisionisten, haben selbst keinerlei Forschung betrieben.
Darüber hinaus sei die im Vorjahr beschlagnahmte Gesamtauflage der 3.000 Hefte der "Stimme des Gewissens" einzustampfen, ebenfalls die zu diesem Zeitpunkt noch greifbaren Exemplare der bereits zu großen Teilen versandten Vorgängernummer. Auch die zur Herstellung notwendigen Druckplatten und Filme seien zu zerstören.
Für Irritationen hatte zu Beginn der Verhandlung auch die Anwesenheit des Berliner Rechtsanwaltes Horst Mahler gesorgt. Er sah sich als "Assistent der Verteidigung" und nahm direkt neben Cohrs, Haverbeck-Wetzel und Rechtsanwalt Karl Ulmer Platz. Nicht in Ordnung, befand die Staatsanwältin. Mahler sei derzeit mit einem Berufsverbot behaftet und dürfe deshalb nicht in Reihen der Verteidigung auftreten. "Er ist in die Materie bestens eingearbeitet", erklärte Ulmer, der den Fall nach eigener Angabe "erst gestern" übernommen habe.
Mahler, der zu den Mitbegründern des "Vereins zur Rehabilitation des wegen des Bestreitens des Holocausts Verfolgter" gehört, rückte dennoch einen Sessel weiter. Um wie er sagte, "die Verhandlung nicht zu unterbrechen".
Nach den Äußerungen der Vorsitzenden des Vereins "Collegium Humanum" musste die Richterin das Publikum im Gerichtssaal, darunter mehrere Anhänger der Angeklagten, mehrfach zur Ordnung rufen: "Wenn noch einmal applaudiert wird, lasse ich den Saal räumen."
19./20.06.2004
lok-red.oeynhausen@neue-westfaelische.de
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