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Vlothoer Anzeiger , 01.07.2009 :

Neue Strafe für Haverbeck-Wetzel / 80-Jährige hat Vorsitzende des Zentralrats der Juden beleidigt / 2.700 Euro in Raten

Von Oliver Plöger

Vlotho (va). In ihrem Schreiben hatte Ursula Haverbeck-Wetzel ein bedrohliches Szenario aufgebaut. "Machen Sie so weiter wie bisher, dann könnte sich ein neues Pogrom ereignen, das entsetzlich würde."

Haverbeck-Wetzel hatte Charlotte Knobloch, Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, persönlich beleidigt, ihr das Recht abgesprochen, die eigene Meinung zu gesellschaftspolitischen Themen kundzutun. So Richterin Dr. Tanja Funk gestern im Amtsgericht Bad Oeynhausen. Die Folge für Haverbeck-Wetzel: 2.700 Euro Geldstrafe, zu zahlen in 90 Tagessätzen zu 30 Euro, die Verurteilte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Verleihung des "German Jewisch History Awards" an Mitglieder der Vlothoer Mendel-Grundmann-Gesellschaft Anfang 2008 geriet für Haverbeck-Wetzel offenbar zum Ärgernis. In der Presse musste die Vlothoerin lesen, dass Charlotte Knobloch die Schließung des "Collegium Humanums" forderte, der im folgenden Mai tatsächlich verbotenen rechten Kaderschmiede auf dem Winterberg.

Gleich nach der Veranstaltung schrieb Haverbeck-Wetzel einen Brief "zu Händen" Charlotte Knoblochs: "Bereiten Sie sich auf den Tag der Wahrheit vor. Er ist nahe und nicht mehr aufzuhalten." Wenn es Charlotte Knobloch in Deutschland nicht gefalle, dann könne sie "in ihr Ursprungsland nach Innerasien zurückkehren." Und: "Sie müssen nicht in Deutschland leben - in diesem bösen Land, wo, wie Sie sagen, sechs Millionen der Ihren vergast wurden."

Als Reaktion hatte Knobloch Strafanzeige gestellt. Die 80-jährige Ursula Haverbeck-Wetzel hatte gegen den Strafbefehl der Bielefelder Staatsanwaltschaft Einspruch eingelegt und musste gestern vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen erscheinen.

Rechtsanwalt Wolfram Nahrath, früher Bundesführer der 1994 verbotenen rechtsextremen "Wiking-Jugend", versuchte das Urteil zu verhindern: Die Staatsanwaltschaft schwadroniere mit unklaren Begriffen, Nahrath sah weder Beleidigung noch "Identifikation mit dem Rassenwahn der Nationalsozialisten", wie sie Haverbeck-Wetzel vorgeworfen war.

Richterin Funk nahm den Antrag zur Kenntnis, setzte die Hauptverhandlung allerdings nach längerer Pause fort. Dabei forderte sie von Haverbeck-Wetzel eine Verteidigung in freier Rede. Die lehnte ab und ließ den Text von ihrem Anwalt verlesen. Haverbeck-Wetzel habe lediglich eine Warnung aussprechen wollen. Knobloch habe ohne Kenntnis des "Collegium Humanums" geurteilt.

Zwischenruf sorgt für Unruhe

Für Oberstaatsanwältin Christa Hundertmark hingegen war die Angelegenheit klar: Die Äußerung, Charlotte Knobloch könne in ihr Ursprungsland zurückkehren, sei absurd und widersinnig, die Ankündigung eines Pogroms der Hinweis auf die nationalsozialistische Vergangenheit. "Es geht um Beleidigung und den Angriff auf die persönliche Ehre." Besonders verärgert zeigte sich Christa Hundertmark über einen Zwischenruf aus dem Publikum, in dem zahlreiche Gleichgesinnte Haverbeck-Wetzels saßen: "Wenn man denn eine Ehre hat."

Genau das sei die vorherrschende Gesinnung, so Christa Hundertmark. Rechtsanwalt Nahrath wiederum kritisierte das Prozedere, einen Zwischenruf zum Gegenstand zu machen: "Sie dürfen das nicht zum Nachteil der Angeklagten verwenden."

Ob Haverbeck-Wetzel, die sich selbst auch als Opfer einer Medienkampagne sieht, gegen das Urteil Berufung einlegt, ließ sie offen: "Das muss ich mir noch überlegen."

Der Spruch der Richterin schließt sich an Urteile wegen Volksverhetzung 2004, 2007 und im April und Oktober 2008 an. Grundlage war die Höhe der Witwenrente von 950 Euro. Einbezogen wurde auch die nicht abbezahlte Strafe aus 2008. "Ich mache das per Dauerauftrag", sagte Haverbeck-Wetzel.

Bildunterschrift: Wegen Beleidigung verurteilt: Ursula Haverbeck-Wetzel.




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