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Mindener Tageblatt , 18.06.2004 :

Die Rückkehr der Weltgeschichte aus dem Mittleren Osten / Michael Stürmer beschreibt auf der Jahreshauptversammlung der Arbeitgeber die drohende globale Gefahr aus Saudi-Arabien

Von Christoph Pepper

Minden (mt). "Fruchtbarer Halbmond, brennende Grenzen - Europa, USA und der Mittlere Osten": dass die Welt noch andere Probleme kennt als den Reformstau in Deutschland, ließen sich die heimischen Arbeitgeber gestern Abend von Professor Michael Stürmer vor Augen führen. Wohl nicht unbedingt zu ihrer Beruhigung.

Im Anschluss an seine Jahreshauptversammlung (Bericht siehe oben) hatte der Arbeitgeberverband zahlreiche Gäste des öffentlichen Lebens zu einer Vortragsveranstaltung mit dem angesehenen Nürnberger Historiker, zugleich Chefkorrespondent zweier überregionaler Zeitungen, geladen, die wie bei seinen vorhergegangenen Vorträgen am selben Ort vor gleichem Publikum schnell zu einem faszinierenden Kolleg über die aktuelle Perspektiven der Weltpolitik geriet.

Stürmer machte dabei keinen Hehl aus seiner Überzeugung, dass der Mittlere Osten von wahrhaft schicksalhafter Bedeutung für die künftige Weltgeschichte sein werde, die eben nicht 1989 an ihr Ende gelangt sei. Vom Öl bis zum Terror wird dem Westen das Wetter im Mittleren Osten gemacht. "Und der langfristige Wetterbericht steht auf Sandsturm", so der langjährige Leiter der Stiftung Wissenschaft und Politik, die die Bundesregierung außen- und sicherheitspolitisch berät.

Weite Bögen in geschichtliche und kulturelle Zusammenhänge schlug der Referent. Viele Fragezeichen hatte er im Blick auf die künftige Entwicklung der arabischenWelt zu setzen, und auch wenn er sich konkreter Vorhersagen mit Hinweis auf die Komplexität der zahllosen in dieser Regionverlaufenden Konfliktlinien enthielt, war doch ein pessimistischer Grundton nicht zu überhören. Dabei lenkte er den Fokus vor allem auf Saudi-Arabien, das er von zunehmender innerer Instabilität geprägt sah, sowie das enorme verbliebene Potenzial der Terrorgruppe El Kaida. Aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Öl drohe der Welt hier die "wahre globale Bedrohung durch Terror und einen nach oben offenen Ölpreis", während Stürmer im Irael-Palästina-Konflikt ebenso wie im Irak-Krieg lediglich regionale Krisen sah.

Ein Scheitern der USA im Irak allerdings wäre verheerend, ein Vergleich mit dem Vietnam-Krieg auch deswegen schon falsch, weil diese Region niemals eine auch nur annähernd so große Bedeutung für die Weltpolitik gehabt habe wie der Mittlere Osten. Dem Europa bekanntlich bedeutend näher liegt als die USA.


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