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Schaumburger Zeitung , 16.06.2004 :

" ... der war nicht mal 17 Jahre, als er fiel" / Adolfinerinnen pflegen Kriegsgräber in der Normandie / Die Soldaten-Schicksale gehen zu Herzen

Bückeburg (tw). "Es ging mir sehr zu Herzen. Ich habe den Namen eines Soldaten auf einem Kreuz gesehen, der war nicht mal 17 Jahre alt, als er fiel - er war jünger als jede Einzelne von uns", sagt Gervaise Whitlam. Die Austauschschülerin aus Seattle, Washington, ist eine von acht "Adolfinerinnen" des Jahrgangs elf, die gemeinsam mit Oberstudienrat Klaus-Dieter Schnierl Pflegearbeiten auf dem deutschen Soldatenfriedhof "La Cambe" in der Normandie verrichtet haben.

Dort, zwischen Cherbourg und Caen, liegen 21 139 Gefallene, die bei den Invasions-Kämpfen im Sommer 1944 ihr Leben verloren; 80 Prozent der Kriegstoten sind unter 20 Jahre alt. Auch wenn's keine Verwandten waren, fanden einige Schülerinnen den eigenen Familiennamen auf den Kreuzen wieder.

"Wir haben mit der Wurzelbürste die Grabplatten geschrubbt - ein eher symbolischer Akt, denn die 1961 eingeweihte Anlage ist ausgezeichnet gepflegt", sagt Maike Engel. Auf der vom "Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge" betreuten Stätte, größte ihrer Art in der Normandie, sind sechs Gärtner im Dauereinsatz.

Wichtiger als die Waschungen, zu denen sich die Adolfinerinnen an fünf Vormittagen auf dem Friedhof einfanden, waren die Gespräche am Rande. Lara Behling: "Wir hatten Kontakt mit Franzosen, Engländern, Kanadiern und auch Deutschen. Selbst Absolventen einer belgischen Offizierschule waren darunter." Viele freuten sich, als sie hörten, was die Adolfiner auf dem Friedhof taten. Kein Wunder, denn die Wochen um den 60. Jahrestag der alliierten Landung hatten viele Menschen - im Wortsinn - "bewegt".

Die Eindrücke, die die Bückeburger während ihrer elftägigen (Normandie-)Fahrt gesammelt haben, haben sie in vier Arbeitsgruppen zu Papier gebracht. Sie sollen - womöglich in Form einer Broschüre - dem Volksbund übergeben werden. Eindrücke übrigens, zu denen der Besuch des Landesmuseums in Arromanches, des "Mémorial de la paix" in Caen und der Besuch einer ehemaligen deutschen Geschützstellung am Landungsstrand das ihrige beigetragen haben.

Was den Französischlehrer und Betreuer Klaus-Dieter Schnierl besonders freut: "Die Schülerinnen haben für die Projektfahrt sechs Tage ihrer Freizeit investiert." Und das "was sie an Unterrichtszeit versäumten, wird durch das Erlebte mehr als aufgewogen", ergänzt Adolfinum-Schulleiter Wilhelm Gieseke. Grund zur Freude aber auch für Horst Wilkening: "Wir sehen die Initiative dieser jungen Menschen gern - das Gros unserer Mitglieder ist über 70 Jahre alt", sagt der Kreisgeschäftsführer des Kreisverbands Schaumburg (1095 Mitglieder) im Volksbund. Wilkening, der sich mit T-Shirts, Jute-Taschen und Schreibmaterialien bei den Adolfinern revanchierte, hatte auch den Kontakt zur Sparkasse Schaumburg hergestellt. Das Geldinstitut hatte, ebenso wie die Stadt Bückeburg (Jugendmobil), der Förderverein des Gymnasiums, der "Verein Alter Adolfiner" und der Volksbund selbst Geld für die Fahrt dazugegeben. Die Kriegsgräberfahrt mit Ziel "La Cambe" ist die fünfte des Adolfinums. Sie findet seit 1996 alle zwei Jahre statt.

Übrigens: Auf den 28 Kriegsgräberstätten in der Normandie liegen Tote aus 13 Nationen, 80 000 Deutsche und 40 000 Alliierte.


sz@schaumburger-zeitung.de

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