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Lippe aktuell ,
12.06.2004 :
Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland Paul Spiegel in Detmold / Präsidentenamt ist Ehrenamt
Detmold (hn). Als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ist Paul Spiegel zur öffentlichen Person geworden. Starke, wachsame Männer begleiten ihn auf Schritt und Tritt. Sein Geld verdient er jedoch schon seit vielen Jahren als Inhaber einer renomierten Künstleragentur und als Buchautor. Auf Einladung einer Buchhandlung kam Paul Spiegel am Dienstag zu einem Vortragsabend mit dem Thema "Jüdischer Glaube - jüdisches Leben" nach Detmold. Trotz der sommerlichen Temperaturen hatten sich rund 400 Besucher in der Sparkassenzentrale eingefunden, die herzlich vom Verwaltungsratsvorsitzenden Helmut Kruse, seit vielen Jahren mit Paul Spiegel befreundet, begrüßt wurden.
Paul Spiegel wurde am 31. Dezember 1937 im westfälischen Warendorf geboren. Die traumatischen Kindheitserinnerungen von nationalsozialistischer Verfolgung und Krieg schärften schon früh sein politisches Bewusstsein. Nach der Schulzeit begann er 1958 ein Volontariat bei der "Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung" in Düsseldorf, bei der er anschließend bis 1965 als Redakteur arbeitete. Von 1974 bis 1986 war er Leiter der Stabsstelle für Öffentlichkeitsarbeit beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband. Zwei Jahre später gründete er in Düsseldorf eine internationale Künstleragentur, die seinen Namen trägt. Ab 1993 nahm Spiegel im Zentralrat der Juden in Deutschland unter Vorsitz von Ignatz Bubis das Amt des Vizepräsidenten wahr. Nach dem Tod Bubis im August 1999 wurde er im Januar 2000 Präsident des Zentralrats der luden in Deutschland.
Den Vortrag begann Paul Spiegel mit dem ihm eigenen Humor und der Frage, die bei den sommerlichen Temperaturen entscheidend für den Erfolg des Abend sei: "Darf ich meine Jacke ausziehen?" Im Verlauf des fesselnden Vortrags erfuhren die gebannt lauschenden Zuhörer viel über das Judentum, das 3000 Jahre alt sei. Viele luden können heute noch nicht glauben, dass unter dem Naziregime sechs Millionen luden getötet wurden und das Juden, die in den Nachkriegsjahren in Deutschland, im Land der Mörder lebten, Abschaum für alle Juden in der Welt und besonders in Israel waren. Erst 1990 habe sich diese Meinung geändert. Inzwischen gehöre Deutschland nach Amerika zu den wichtigsten Freunden der Israelis. Nichts menschliches sei dem Juden fremd. Es gebe kein Zölibat, keine Klöster, keinen Papst. Ein Jude in Lebensgefahr dürfe alle Verbote brechen. Ein Jude, der am verhungern sei, dürfe sogar Schweinefleisch essen. Treffen zwei Juden zusammen, gebe es drei Meinungen.
Nach dem 4o-minütigen Vortrag, den der Referent mit einigen jüdischen Witzen aufgelockert hatte, konnten dann die Besucher Fragen an Paul Spiegel richten. Klar, dass auch die Probleme durch Jürgen W. Möllemann und Michel Friedmann zur Sprache kamen. Spiegel erläuterte auch, dass sein Präsidentenamt ein Ehrenamt sei, für das er kein Gehalt beziehe. Er habe, als ihm das Amt angetragen wurde, drei Monate mit seiner Familie darüber beraten.
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