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Gütersloher Zeitung / Neue Westfälische ,
10.06.2004 :
Schönborn weiter rechtsaußen aktiv / Gestern Abend Demo gegen Neonazi an der Brocker Mühle
Kreis Gütersloh (raho). Meinolf Schönborn, vorbestrafter Neonazi und ehemaliger Anführer der verbotenen "Nationalistischen Front" (NF), ist offenbar weiterhin in der rechtsextremen Szene aktiv. Zu dieser Erkenntnis ist das Antifaschistische Kreisplenum gelangt. Bei einer spontanen Kundgebung gestern Abend beim wöchentlichen Motorradtreffen an der Brocker Mühle machte die Gruppe, unterstützt von Bikern und der Sozialistischen Kultur-Arbeit (SKA), auf die zwielichtigen Geschäfte des 49-Jährigen aufmerksam.
Der Ort der Demonstration war bewusst gewählt worden. Denn unmittelbar an der Brocker Mühle betreibt Schönborn – was den Behörden bisher offenbar verborgen geblieben ist – bereits seit 15 Monaten einen Laden mit dem Namen "Meniha". Dort und im gleichnamigen Online-Shop, werden unter anderem germanischer und keltischer Schmuck, Trinkhörner und Textilien der Hausmarke "Teutonic Warrior" verkauft – auf den ersten Blick unverdächtige Kult-Accessoires, wie auch der blau-weiße Brocker-Mühle- Aufnäher.
Doch nach Beobachtungen der Antifa betreibt Schönborn mit "Meniha" "Vorfeldarbeit" und nutzt die durch "Harry Potter" und den "Herrn der Ringe" geförderte gesellschaftliche Offenheit gegenüber Runen und Esoterik; "einerseits um neue Märkte für sich zu erschließen und andererseits um dieser Kundschaft den Weg ins offen rechtsextreme Lager zu öffnen".
Denn laut Antifa wird Interessierten auch der Katalog von "Z-Versand" mit Sitz an der Dieselstraße in Herzebrock-Clarholz in die Hand gedrückt. Dort bietet Schönborn neben dem "Meniha"-Sortiment auch Waffen, Miniatursoldaten der Wehrmacht und SS, rechtsextreme Bücher und CDs fast aller einschlägigen rechtsextremen Bands wie Landser oder Screwdriver an – "alles hart am Rande des Erlaubten", wie es heißt.
Während sich der gelernte Maschinenschlosser, der wegen Fortführung der NF Mitte der 90er Jahre zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt wurde, seither in OWL ansonsten ruhig verhält, nimmt er laut Antifa überdies weiterhin an überregionalen NPD-Veranstaltungen teil. Die Beobachter kommen zu dem Schluss: "Schönborn hat nichts dazu gelernt."
Per Lautsprecher, mit Flugblättern und auf Transparenten wurden die Besucher des Motorradtreffens aufgefordert, Schönborn nicht finanziell durch den Kauf seiner Produkte zu unterstützen. "Am liebsten wäre uns eine Schließung des Ladens."
Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle. Lediglich Gaststättenangestellte zeigten sich aufgeregt. Die Polizei ließ die Veranstalter gewähren und griff nicht ein.
Schönborn selbst hatte seinen Geschäft gestern wie üblich geöffnet. Einige Male ließ er sich auf der Treppe am Eingang blicken, schaute sich um und verschwand jedesmal kurz darauf wieder nach drinnen.
10./11.06.2004
lok-red.guetersloh@neue-westfaelische.de
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