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Zeitung für den Altkreis Lübbecke / Neue Westfälische , 23.04.2009 :

Arbeitskreis wünscht sich Ort des Erinnerns / Kulturausschuss nahm sich Zeit für die Geschichte der Kernstadt Espelkamps

Von Karsten Schulz

Espelkamp. Ein Arbeitskreis unter der Leitung von Karl-Heinz Hentschel, der auf Antrag der SPD-Fraktion gegründet worden war, wünscht sich einen Ort der Erinnerung im Bereich des Tannenbergplatzes. Das gab der Stadtheimatpfleger während der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses bekannt.

Zunächst sollte eine Broschüre erstellt werden, daraus ein Text für eine Erinnerungstafel entstehen und schließlich noch ein Gedenkstein hinzukommen. Sichtbar werden soll dies auf dem Grundstück der evangelischen Martinsgemeinde, an der Michaelskirche am Tannenbergplatz.

Seinerzeit hatte vor allem Dieter Willamowski (SPD) immer wieder darauf hingewiesen, dass im Bereich der Kolonie ein Ort daran erinnern soll, dass hier einmal ein Lager bestanden habe, dass Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene beherbergt habe.

Vertreter aus Rat und Verwaltung, Hentschel, der Kolonisten und der ev. Martinsgemeinde sind seither drei Mal zusammengekommen, um über die Form des Erinnerns zu diskutieren. Gleichzeitig recherchierte Hentschel in verschiedenen Archiven, um eine möglichst lückenlose geschichtliche Aufarbeitung dieser Lagerzeit aufzulisten und zu bewerten. "Wir sind uns klar darüber, dass wir keine wissenschaftlich einwandfreie Arbeit hier hinbekommen. Dafür gibt es zu viele Lücken in den Quellen", sagte Hentschel. Fest stehe, dass das Lager für 2.000 Arbeiter konzipiert worden war. Damit sei es besser ausgestattet worden als andere Lager. Es sei allerdings nie voll belegt gewesen. Täglich hätten die Arbeiter etwa zwei Stunden lang in der Füllanlage bei der Herstellung der Giftgas-Munition gearbeitet.

Hentschel fand ferner heraus, dass zunächst französische und später vor allem russische Kriegsgefangene im Lager untergebracht waren.

Es gab mehrere Bauabschnitte, in denen die Doppel-Baracken zunächst mit Sanitätsbereich und später auch mit Wirtschaftsgebäuden gebaut wurden. Es seien außerdem zeitweise 15- bis 17-jährige Jugendliche in einem "Wehrertüchtigungs-Lager" gewesen, später zog auch ein Waffen SS-Lager, die "Leibstandarte Adolf Hitler" dort ein.

Hentschel fand heraus, dass kurz vor dem Einmarsch der Briten zwei fahnenflüchtige SS-Leute erschossen worden waren.

Während in der Kolonie Interesse besteht, einen Ort des Erinnerns für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter zu schaffen, soll in der Kernstadt möglicherweise an eine andere Personengruppe erinnert werden, die Espelkamp mit aufgebaut hat: Die Vertriebenen und vor den sowjetischen Soldaten geflüchteten Deutschen. Das wünscht sich vor allem auch Karl Röbelt.

Christel Senckel machte deutlich, dass es in dieser Frage eine Interessenten-Gruppe gebe. Sie wolle im Mai zum ersten Mal zusammenkommen, gab sie während der Sitzung bekannt.

Bildunterschrift: Hier könnte eine kleine Gedenkstätte eingerichtet werden: Ein Arbeitskreis hat sich mit der Geschichte der Zwangsarbeiter in der Kolonie auseinandergesetzt und könnte sich gut vorstellen, dass auf dem Gelände der evangelischen Martinsgemeinde am Tannenbergplatz ein Gedenkstein mit Gedenkplatte entstehen könnte.

Kommentar / Gedenkstätte für die Kernstadt / Gemeinsames Erinnern ist angesagt

Von Karsten Schulz

Was die Dörfer Espelkamps teilweise schon seit Jahrzehnten haben, könnte vielleicht auch die Kernstadt bald bekommen: Einen Heimat- oder Geschichtsverein. Oder noch besser: eine Geschichts-Werkstatt. Nur gibt es wohl viele Personen, die in unterschiedlichen Verbindungen und Initiativen zurzeit daran arbeiten. Sie wissen wohl noch nichts davon. Jetzt ist es an der Zeit, dass eine integrative Persönlichkeit – stellvertretende Bürgermeisterin Christel Senckel könnte diese Person sein – diese Menschen zusammenführt und das gemeinsame Ziel formuliert. Das Jubiläumsjahr 2009 wäre der richtige Zeitpunkt dafür.

karsten.schulz@ihr-kommentar.de


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