Lippische Landes-Zeitung ,
04.06.2004 :
Begegnung im Treppenhaus / Sozialausschuss besuchte Übergangswohnheim für Asylbewerber
Lage (be). Sie leben mitten unter uns, aber nur selten ergibt sich die Gelegenheit zu einem Gespräch mit ihnen. Asylbewerber werden von der Öffentlichkeit meist am Rande wahrgenommen. Lediglich in Ausnahmefällen erfolgt eine eingehende Auseinandersetzung mit den Schicksalen der Menschen, die vor Krieg und Terror hierher geflüchtet sind. Ihnen begegneten jetzt auf Fluren, in Wohnungen und Treppenhäusern Mitglieder des Sozialausschusses, die die Übergangswohnheime in der Bredestraße besuchten.
Zurzeit leben nach den Worten von Sozialamtsleiter Erwin Denke 200 Asylbewerber in Lage, 120 davon in der Bredestraße. Während ein Zuzugsstopp für Aussiedler besteht, muss die Stadt weiterhin Flüchtlinge aufnehmen. Sie stammen hauptsächlich aus dem Kaukasus, einige aus China und etliche aus der Türkei. Zunehmend verzeichnet das Sozialamt auch Vertriebene aus Schwarzafrika. Wie lange einige Familien schon hier leben, zeigt, dass die Kinder Deutsch sprechen - in den meisten Fällen absolut perfekt. Ärger mit den erwachsenen Bewohnern gibt es nach den Worten des Sozialamtsleiters keinen besonderen. Nur mit der Mülltrennung klappt es nicht so, wie vorgeschrieben, erklärten die beiden Hausmeister.
"Warum müssen bis zu sechs Leute in zwei Zimmern hausen oder fünf in anderthalb?", fragte Monika Rieke (SPD). Ein Teil des Übergangswohnheims stehe leer. Mehr Platz könnte den Menschen doch zugebilligt werden. "Im Vergleich zu früher sind die Wohnverhältnisse jetzt sehr großzügig", entgegnete Denke. Würde man den Menschen mehr Platz gewähren, werde es schwierig, ihn den Bewohnern wieder abzunehmen, wenn später wieder mehr Asylsuchende zugewiesen werden. "Die Leute müssen mit dem,was wir bieten können, zufrieden sein. Es gibt Asylbewerber, die hier schon zehn Jahre leben, weil sie sich keine Papiere beschaffen", so der Amtsleiter.
Ein immer wiederkehrendes Problem, das vor allem Nachbarn beklagen, sind die auf der Straße spielenden Kleinkinder. Wenn Jugendliche den Spielplatz zum Bolzen benutzen, müssen sie zwangsläufig ausweichen. Denke wies auf die Angebote für Heranwachsende hin, sich in Vereinen sportlich zu betätigen. Wegen des enorm hohen Verwaltungsaufwands ist die Ausgabe von Wertgutscheinen an Asylbewerber eingestellt worden. Dass es jetzt Geld gebe, freute Sozialdemokrat Manfred Lütkemeier. Gleichzeitig zeigte er sich verwundert über die Änderung, über die früher lange diskutiert worden sei. "Wir haben aus der Vergangenheit gelernt", erklärte Erwin Denke. Es habe ständig Manipulationen mit den Gutscheinmarken gegeben, die oftmals 20 bis 30 Prozent über Wert verkauft worden seien. "Einige Leute verdienten sich eine goldene Nase, was zu Lasten der Bedürftigen ging."
Lage@lz-online.de
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