Widerhaken Juni 2004 ,
01.06.2004 :
ProKap - Hauptsache dafür!
"Merke: Der Kapitalismus ist Ziel und Zweck des Menschen! Merke: Der Arbeitgeber ist dein Freund und Wohltäter! Merke: Das Leben ist zum Arbeiten da! Merke: Freiheit nur mit Sicherheit!" Was ist das? Vielleicht wird hier versucht ideologische Weisheiten des (modernen) Kapitalismus auf einen Punkt zu bringen. Oder sind es doch Zitate aus der Bildzeitung? Nein, so einfach gehts selbst in der Bildzeitung nicht, - auch wenn die Ergebnisse übereinstimmen.
Wer seinen Blick etwas aufmerksamer auf das Flugblatt der "Initiative zur Unterstützung der Reformkoalition - ProKap" richtet, merkt schnell, dass es sich hierbei um eine einfache Form der Spass- und Kommunikationsguerillia handelt. Die herrschenden Diskurse werden nicht mal überzeichnet, sondern einfach nur auf den Punkt gebracht und schon kann niemand mehr den darin liegenden menschenfeindlichen Zynismus wegblenden.
In Zeiten, in der schon die Forderung nach einer kümmerlichen Sozialhilfe als "Landesverrat" gedeutet wird und die Bürgerinnen ihren bornierten und ekelhaften Hass auf Florida-Rolf freien Lauf lassen, während sie ein paar Stunden mehr ohne Lohnausgleich arbeiten müssen, ist die Satire sowieso schon Realität .
Die Aktion, geplant als Demo fürs Kapital, mit stilechter Kleidung und den passenden Parolen ist ne coole Idee, doch läuft sie mit ihrem Konzept ins Leere. Anstatt den gemeinen Bürger auf der Strasse daran zu erinnern, was für ein jämmerlich Häufchen Humankapital er eigentlich ist, wird vor Ort lieber noch mal das erzählt, was eh schon alle wissen, nur halt umgedreht. Aus dem bösen Konzern wird der gute Konzern und vor McDonalds darf mensch sich noch mal anhören, wie gemein (gut) der ist. Ein Blick in die Bestseller-Liste des Deutschen Buchhandels würde genügen, um zu zeigen, dass multinationale Konzerne selbst hierzulande nicht gerade mit Glück assoziiert werden (außer vielleicht Krupp u. ä. ). Die Arbeitsplätze und Waren, die diese Konzerne schaffen, aber schon. Und das eine moralische Empörung über mörderische Firmenpolitik immer auch impliziert, dass es gerecht zu gehen kann im Kapitalismus (z. B. durch einen starken, gerechten Staat), ist auch keine große Erkenntnis. Wer den deutschen Michel zur Solidarität mit McDonalds-Arbeiterinnen in Südamerika gewinnen will, hat sowieso schon auf die falsche Karte gesetzt (s. Florida-Rolf; IGM-Streik und viel mehr). Also noch mal zum Ausgangspunkt: Tolle Idee, auch der Flyer ist witzig. Aber wer mit moralischer, personalisierter und verkürzter Kapitalismuskritik versucht beim Otto-Norm-Bürger etwas im Kopf aufzubrechen wird im besten Falle scheitern.
Falls der Widerhaken noch pünktlich rauskommt: ProKap - Demonstration für einen wirklich freien Markt am Mittwoch den 02.06.04 um 17.00 Uhr ab Bielefelder Hbf (um angemessene Kleidung wird gebeten!).
|