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Widerhaken Juni 2004 , 01.06.2004 :

Autonome Zentren / Was ist los in der Pauline?

Um das Autonome Zentrum "alte Pauline" in Detmold grassieren schon seit langer Zeit einige Gerüchte. Das es innerhalb des Zentrums Konflikte gibt, die zum Teil körperlich ausgetragen wurden, haben schon einige gehört, was aber wirklich los war, wussten die wenigsten. Gerade im letzten halben Jahr wurde die Situation immer undurchschaubarer und das Schweigen der "Pauline-Leute" über die Auseinandersetzungen forcierte die Spekulationen noch einmal mehr. Dies war nicht gerade hilfreich den Streit, in dem es maßgeblich um die "Georg-Weerth-Gesellschaft Detmold" (GWG) geht, zu verstehen und gegebenenfalls dazu Stellung zu beziehen.

Nach einer weiteren Eskalation der Situation am 13.05.04, wurde auf einer Hausversammlung (HV) der Pauline beschlossen eine Stellungnahme auf der Internet-Seite und als Flugblatt zu veröffentlichen. Ausschlaggebend dafür war eine von der GWG geplante und von anderen Teilen des Hauses verhinderte Buchlesung und Diskussion mit Karl Selent in der alten Pauline. Im folgenden beziehen wir uns zum Teil auf diese Stellungnahme, auch wenn wir diese, sowie eine weitere von der Antifaschistischen Aktion Detmold (AAD) am 20.05. herausgegebene, an vielen Punkten kritikwürdig finden. Gerade die Erklärung der AAD, auf die wir aber an dieser Stelle nicht genauer eingehen möchten, ist für uns in großen Teilen, von der Art der Auseinandersetzung und von der politischen Ausrichtung her, in Frage zu stellen. Das bedeutet für uns auch, da wir bis auf diese Erklärungen wenig über die Gruppen, die sich mit der GWG im Konflikt befinden, wissen, uns nicht einfach widerspruchslos für sie aussprechen zu können.

Auch die GWG und andere, dieser Gruppe nahestehender, Personen haben sich in mehreren Veröffentlichungen, zu diesem Vorfall und den Konflikt geäußert, aber allein schon der Fakt, dass die GWG sich innerhalb der Auseinandersetzung um die Veranstaltung (VA) der deutschen Justiz bedienen will, disqualifiziert diese Gruppe endgültig, sie noch politisch ernst zu nehmen oder gar zu einer radikalen linken Bewegung zu zählen. Ganz zu schweigen von ihren anderen politischen Äußerungen und Aktionen, die das schon lange vermuten ließen. So schreiben sie in einer Erklärung, dass an dem Tag der geplanten VA ein Transparent mit der Aufschrift "Der Rassist Karl Selent ist gegen unseren Willen hier“ an der Pauline befestigt gewesen sein soll und sie darauf Herrn Selent aufforderten, "... gegen diese Verleumdung juristisch vorzugehen." (GWG-Internetseite) Zu glauben, dass ausgerechnet der deutsche Staat durch seine juristischen Organe klären könnte, ob Selent ein Rassist ist, widerspricht im Grunde selbst ihren eigenen Texten, zeigt aber letztendlich auch, dass ihre politischen Vorstellungen in ihren eigenen bürgerlichen Dasein verwurzelt bleiben und sie sich mit einer gewissen antistaatlichen Psyodoradikalität höchsten verbal davon befreien.

In wieweit dies Transparent tatsächlich an dem Zentrum hing, ist der Veröffentlichung auf der Seite der Pauline nicht zu entnehmen. Berichtet wird aber, dass die Veranstaltung schon im Vorfeld abgelehnt wurde. Auf 5 Hausversammlungen wurde sich dagegen ausgesprochen. Trotz der nicht vorhandenen Einigung erklärte die GWG auf einer HV, " ...dass sie die Veranstaltung auch gegen den Willen der HV durchführen werde. Sie kündigte in dieser Sitzung das in der Pauline seit fast 23 Jahren bestehende Konsens-Prinzip auf." (Pauline-Erktärung)

Während daraufhin die GWG zu zwei VA's, am 12.05 in der Bürgerwache/Bielefeld und am 13.05. in der alten Pauline, mit Karl Selent einlud, stand auf der Internet-Seite der Pauline, dass die für dort angekündigte VA, laut Hausversammlungsbeschluss, nicht stattfinden würde.

Schließlich fand die VA auch nicht in der Pauline statt. Die GWG nutzte den "freundlicherweise" (GWG-Internetseite) von der Justizverwaltung Detmold zur Verfügung gestellten Parkplatz neben dem Zentrum für die Lesung und eine Art Kundgebung, bei der unter anderem durch Flugblätter auf den, ihrer Meinung nach bestehenden, "Skandal" (GWG-Flugblatt v. 13.05) hingewiesen werden sollte.

Zur selben Zeit wurde in den Räumen der alten Pauline eine HV abgehalten, auf der die bereits erwähnte Erklärung vorgelesen wurde. Hierin wird Stellung bezogen zu der Vorgeschichte des Konflikts, den politischen Selbstverständnis sowie politische Vorstellungen und zu den Gründen sich gegen die VA auszusprechen. Bei der Ablehnung der VA wird sich in dem Text auf den Artikel "Fähnchen im Sand" in der Jungte World, 03.03.2004 bezogen.

Auch wenn die GWG an diesem Tag für ihre VA auf einen Parkplatz ausgewichen ist, kam es trotzdem wieder zu Handgreiflichkeiten und anderen Aktionen. So sollen in etwa die Lautsprecher, bei einer nach der HV in der Pauline statt gefundenen Feier, anders als von der GWG behauptet, nicht durch die hohe Belastung, sondern durch das Kappen der Kabel, kaputt gegangen sein. Des weiteren wurde das Haus aus der Veranstaltung/Kundgebung heraus mit Steinen beworfen. Eine solche Art der Auseinandersetzung wird GWG-Mitgliedern auch in der Erklärung vorgeworfen. So kam es im letzten Jahr zu einem Hausverbot gegen eine Person aus der GWG, die gegen andere Aktive aus der Pauline Gewalt ausgeübt hatte. Bereits ein Jahr zuvor (2002) wurde diese Person von der HV verwarnt, nachdem sie "den Theker krankenhausreif geschlagen hatte" (Pauline-Erklärung).

Die weiteren Auseinandersetzungen in der Pauline um diesen Schläger und seine Verteidigung waren geprägt durch platte Anschuldigungen und polemische Beschimpfungen von Seiten der GWG und Freundinnen. Scheinbar konnte sich die GWG auch nicht entscheiden, ob sie nun das Haus verlassen sollte oder nicht. Zumindest bis jetzt, denn die Verhinderung der VA begreifen sie als "absichtliche Provokation und Kampfansage" (GWG-Flugblatt v. 13.05.) und drohen in dem gleichen Text "Ihr werdet uns nicht los!" , und "Alte Pauline ist, wo wir sind!". Das Haus einerseits mit Steinwürfen und Androhung von juristischen Mitteln anzugreifen, andererseits es aber nicht verlassen zu wollen scheint paradox zu sein. Doch dahinter steckt eine Art Alleinvertretungsanspruch der GWG auf Antifaschismus und politischer Erkenntnis, so urteilen sie über die anderen im Haus, sie wären eine "bunte Gruppe von politisch meist unbedarften Menschen", die sich nicht fragen lassen möchte, ob ihre Aktivitäten im Haus "die Emanzipation der Menschheit voran bringen" würden und weit eine "gemeinsame politische Orientierung fehlt, ist billiger Kitt von nöten und ein geeigneter Feind, von dem man sich abgrenzen kann" (GWG-Flugblatt v. 13.05.). Mit soviel Arroganz und Überheblichkeit andere politisch zu entmündigen kann sicherlich nicht mehr als konstruktive und solidarische Kritik verstanden werden und die gesamte Auseinandersetzung auf eine allgemeine Ablehnung gegen Israel und als Kampf gegen "jene Menschen, die sich für den in Deutschland trotz aller Lippenbekenntnisse und Sonntagsreden meistgehassten Staat einsetzen ... " (GWG Flugblatt v. 13.05. ) zu reduzieren, ist ein Versuch den eigentlichen Konflikt zu verzerren. Ungeachtet ihrer politischen Ausrichtung hat die GWG und ihr Anhang allein schon durch die Missachtung des Hausversammlungsbeschlusses, durch die tätlichen Angriffe gegen das Haus, durch die Gewaltanwendung gegen andere Aktive in der Pauline, (aber auch durch Aktionen außerhalb des Hauses, wie das Filmen und Fotografieren von Leuten auf Demos, so z.B. auf der 1. Mai-Demo 2002), die Grenzen und Prinzipien einer Zusammenarbeit innerhalb eines autonomen Zentrums oder politischen Zusammenhangs bei weitem überschritten. Mit ihren Auftreten und Verhalten untergräbt die GWG die Struktur der Selbstverwaltung und gefährdet damit die Pauline als autonomes Zentrum.

Das die Auseinandersetzung in der Pauline erst am Anfang steht und weitere Eskalationen zu befürchten sind, zeigte auch die Hausversammlung vom 25.05., bei der der GWG ein Hausverbot erteilt wurde und anwesende Mitglieder und Unterstützerinnen nach der Verlesung einer Erklärung der Antifaschistischen Aktion Detmold und längeren, gegenseitigen, verbalen Angriffen schließlich aus dem Haus getragen wurden. Das die GWG dies Hausverbot nicht akzeptieren wird, kündigte sie bereits in einem Flugblatt vor der HV an. Was dies nun für die Pauline bedeutet ist , noch nicht abzusehen. Sicher ist aber, dass dies bei weitem kein Konflikt mehr ist, der nur das Zentrum in Detmold etwas angeht.


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