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Schaumburger Zeitung , 28.05.2004 :

Von Ängsten, Attentätern – und der Lehre der Geschichte / "Aufstand des Gewissens": Adolfiner recherchieren für Ausstellung / Sohn des Widerständskämpfers Plettenberg interviewt

Bückeburg (tw). Es zählt zu den fünf Bausteinen auf die Klaus Suchland, Organisator der Sonderausstellung "Aufstand des Gewissens – Militärischer Widerstand gegen das NS-Regime 1933 bis 1945", setzt: das Adolfinum. Genauer, der Leistungskurs Geschichte – 19 Schülerinnen und Schüler unter Studiendirektor Johannes Seiler. Sie haben aus Anlass ihres Semesterthemas "Nationalsozialismus" die Facetten des Widerstands gruppenweise an Einzelschicksalen untersucht. Die Ergebnisse ihrer Recherche werden am 20. Juli – dem 60. Jahrestag des Stauffenberg-Attentats auf Hitler – um 19.30 Uhr im Preußen-Museum (Minden ) gemeinsam mit den Arbeiten Mindener Schulen präsentiert.

Auf ihre Ausgangsfrage: "Was gab's an Widerstand in Bückeburg?" fanden die Adolfiner eine Antwort, die nicht in den (Schul-)Büchern steht und mit der viele Bückeburger nicht gerechnet hätten. "Den Schülern ist es gelungen, Kontakt zu Karl Wilhelm von Plettenberg (65) aufzunehmen", berichtet Seiler. Dabei handelt es sich um den in Essen lebenden Sohn von Kurt Freiherr von Plettenberg – einem 1891 in Bückeburg geborenen Offizier und Mitwisser des Hitler-Attentats. Seiler: "Von der Gestapo am 3. März 1945 verhaftet, nahm er sich im Berliner Cäcilienhof durch einen Sprung aus dem Fenster des vierten Stocks das Leben". Er fürchtete, unter der Folter Namen preiszugeben. An der Bückeburger Hofapotheke, Geburtshaus des Widerstandskämpfers, erinnert heute eine Tafel an Plettenberg.

Der Sohn – von den Schülern angesprochen – reiste eigens aus Essen an, gab vier Adolfinern ein auf Video aufgezeichnetes Interview über jene, für die Familie weiland so schweren Jahre. Gemeinsam mit Plakaten, auf denen Einzelfiguren des – nicht nur militärischen – Widerstands porträtiert werden, wird das Plettenberg-Interview Teil der Präsentation im Preußen-Museum sein.

Besagte Präsentation indes ist ein, aber nicht der einzige Beitrag des Gymnasiums zur Sonderausstellung "Aufstand des Gewissens": Denn der Kurs "Darstellendes Spiel" (Jahrgang 13) übt derzeit "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Berthold Brecht ein. "Dabei", so Seiler, "handelt es sich um Brechts antifaschistisches Gangsterstück von 1941". Brecht zeige, "wie aufhaltsam das war, was von der Propaganda damals als 'unaufhaltsame Revolution' Tag für Tag über Volksempfänger und in jeder Wochenschau den Kinogängern eingehämmert wurde". Ein Stück, das für Suchland "brandaktuell" und "auf jede Diktatur übertragbar" ist.

Interessenten können sich die öffentliche Generalprobe am Donnerstag, 17. Juni, um 20 Uhr im Forum des Adolfinum ansehen.

Die Premiere – und zugleich einzige Aufführung – des Brecht-Stücks – findet am Freitag, 18. Juni, um 20 Uhr ebenfalls im Forum statt.

Die Gymnasien sind – wie eingangs gesagt – ein Baustein der Sonderausstellung des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA, Potsdam), die vom 27. Juni bis 21. Juli im Mindener Preußen-Museum gezeigt wird. Und in die sich auch die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW), die Pionierbrigade 100 und die Heeresfliegerwaffenschule einbringt. "Weitere Bausteine", so Suchland, der gleichzeitig Chef der heimischen GfW-Sektion ist, "sind eine Lehrerfortbildung, im Preußen-Museum, eine Lesung und Meditation in der Stadtkirche und eine Vortragsreihe, die überwiegend in Bückeburg selbst stattfindet".

Erklärtes Ziel dabei: "Besonders die Heranwachsenden sollen lernen, kritisch-verantwortungsbewusster und sensibler auf Machtansprüche, Einschränkungen der Freiheit und Verletzung der Menschenrechte zu reagieren", sagt Suchland. Adolfinum-Schulleiter Wilhelm Giesecke (Jahrgang 1945) drückt das so aus: "Es geht darum, die 'Fackel', Widerstand zu leisten, von der alten an die junge Generation weiterzugeben".


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