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Antifa-West , 27.05.2004 :

"Knock out" - Eine Band zwischen Neonazis, Hooligans und Fuball

"Portugal wir kommen" heißt die im April 2004 erschienene CD der ostwestfälischen Rechtsrockband "Knock out". Verkauft werden die fünf Songs der Gruppe jedoch bislang nicht nur über die klassischen Vertriebswege der Neonazis, sondern über Versände, die vor allem Hooligan-Fanbedarf anbieten. "Knock out" ist ein Projekt, mit dem Neonazis versuchen Fußballfans anzusprechen.

Der Bielefelder Fanversand "Support your Local - Lokalpatriotische Produkte für Jedermann" wirbt begeistert für die neue CD: " ... die MCD für die deutsche Fankurve zur EM 2004. Hundert Prozent rotziger Straßenrock für Fans aller drei Halbzeiten". Der Versand, der weitgehend normalen Bedarf für Bielefelder Fußballfans anbietet, vertreibt die CD auch für Wiederverkäufer und Händler. Warum auch nicht? "Scheißegal, Portugal wir kommen und mit uns kommt der Sieg/ Für jedes Gegentor gibt's was aufs Ohr/ Schlachtgesänge, Deutschlandfahnen und Kneipenkrieg", ruft Sänger Maurice Quakernack ins Mikrophon. "Wir werden Europameister, in der dritten Halbzeit auf jeden Fall/ Wir werden Europameister, herzlich willkommen beim Portugalüberfall", heißt der Refrain eines anderen Songs. Texte, die nicht gerade vom Gedanken sportlicher Fairness geprägt sind, aber auf den ersten Blick handelt es sich um ein unpolitisches Hooliganprojekt. Im Booklet ruft die Band zum Protest gegen Stadionverbote und Repression von "normalen" Fußballfans auf. Bei genauerem Hinsehen, zeigt sich jedoch der neonazistische Hintergrund der Beteiligten. Das reicht von einzelnen Bandmitgliedern über den Zeichner des Logos bis hin zum Layouter des Booklets.

Aus der Neonaziszene ruft es: ....

Sänger Maurice Quakernack etwa gehörte in der Vergangenheit zu "Sleipnir", seit Jahren eine angesagte Rechtsrockband, die auf Konzerten im In- und Ausland auftrat. Die Gruppe bekannte sich klar zur Neonaziszene. In Konzerten, bei denen Sleipnir auftrat, schrie das Publikum "Sieg Heil" und zeigte den Hitlergruß. Tonträger wurden indiziert und eingezogen, weil sie in menschenverachtender Weise gegen Ausländer hetzten und sie zu Parasiten herabwürdigten. Mit dem "Rudolf Hess Lied" sang die Band eine Hymne auf den ehemaligen Stellvertreter Adolf Hitlers. Zu den größeren Auftritten von Sleipnir gehörte 2002 das Pressefest der NPD-Parteizeitung "Deutsche Stimme" oder das "White X-Mas" Konzert der englischen Division von "Blood & Honour", einer Organisation, die in der Bundesrepublik im Jahr 2000 verboten wurde.

Bassist der Band war Maurice Quakernack, jetzt für Gitarre und Gesang bei "Knock out" zuständig. Sein Geld verdient Quakernack in einem Tatooshop. Der dortige Tätowierer "Dennis" sticht extrem rechte Tatoos in die Haut seiner Kunden und betätigt sich als Zeichner für das neonazistische Skinhead-Magazin "Lokalpatriot". Für Sleipnir zeichnete er das Cover der CD "German-Scottish Friendship", einer Gemeinschaftsproduktion mit der schottischen Blood & Honour-Band "Nemesis". Auch im Booklet von "Portugal wir kommen" dankt die Band "Dennis für den Entwurf unseres Logos". Dank geht darüber hinaus an "LU-WI für das Layout", eine ehemals in Gütersloh beheimatete Produktionsfirma für neonazistische Bands. Madlen und Lutz Willert produzieren unter dem Label "LUWI-Tonträger" CDs, die etwa zu "Fremdenfeindlichkeit" und "Wiederentstehung des Nationalsozialismus" auffordern. Die Bands nennen sich "Faustrecht", "Schwarzer Orden" oder "Skrewdriver". Von LUWI produzierte T-Shirts zeigen "Ku-Klux-Klan-Motive" oder die Parole der neonazistischen Kameradschaften "Frei-Sozial-National". Inzwischen liegt der Schwerpunkt von Lutz Willert jedoch in der Produktion von CDs. Auch die Knock Out CD wurde von Willerts Firma "Uni-Rec" produziert.

... "Komm zu uns, sei mit dabei"

Eine direkte neonazistische Ansprache ist bei "Knock Out" nicht zu finden. So sehr die Band Gewalt beim Fußball besingt, politisch setzt sie auf Codierungen und leise Töne. In dem Lied "Schließ die Augen" heißt es zu Beispiel: "Was ich meine, das ist Freiheit/ Was ich meine, das ist Widerstand/ Siehst und spürst du nicht ihre Verlogenheit/ Bemerkst du nicht ihre Heuchelei/ Hörst du das Lied der Freiheit/ Komm zu uns und sei mit dabei." Der Text lässt offen, welcher Widerstand gemeint ist, oder zur Teilnahme an welcher Bewegung die Adressaten aufgefordert werden. Der Song ist nur aus dem Kontext der Band verständlich - und der ist neonazistisch. Aus diesem Bewusstsein heraus ließ die Gruppe auch alle Texte vorab von einem Rechtsanwalt auf ihre Vereinbarkeit mit dem Jugendschutzgesetz prüfen.

Gegen Gewalt, Rassenhass und Nationalismus beim Fußball

Die Ausstellung "Tatort Stadion", die im Februar auch in Bielefeld zu sehen war, hat die Anwerbeversuche von Neonazis beim Fußball gezeigt. Auch die ostwestfälische Szene versucht, Fans und Hooligans anzusprechen. "Knock out" ist ein vergleichsweise geschickter Versuch, über Rockmusik Schnittstellen zwischen Fans und Neonazis zu bilden. Allein der Vertrieb über den neu gegründeten Versand "support your local", welcher primär in die Fanszene hineinwirkt, lässt böses ahnen. Fußballfans sollten das nicht hinnehmen. Sport darf nicht für die Verbreitung von Gewalt, Rassenhass und Nationalismus funktionalisiert werden. Neonazis haben beim Fussball nichts zu suchen.


antifa-west@nadir.org

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