www.hiergeblieben.de

Mindener Tageblatt , 20.05.2004 :

Aussiedlerklage abgewiesen / Spätaussiedler konnten Deutsch auch während Kommandantur lernen

Minden (mt). Am Sprachtest scheiternde Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion können sich nicht auf die Unterdrückung der deutschen Kultur in ihrer bisherigen Heimat berufen. Das Verwaltungsgericht Minden wies gestern die Klage eines 1939 geborenen deutschstämmigen aus Kasachstan ab.

Sein Antrag war gescheitert, weil er kaum über aktive Deutschkenntnisse verfügte. Er kann sich nicht darauf berufen, er habe die deutsche Sprache nicht lernen können, weil er von 1941 bis 1955 unter Kommandantur gelebt habe. Deutschstämmige durften in dieser Zeit ihren Wohnort nicht verlassen und mussten sich regelmäßig bei den Behörden melden.

Der Kläger ist der Sohn einer deutschen Volkszugehörigen und lebt mit seiner Familie in Kasachstan. 1996 beantragte er von dort aus beim Bundesverwaltungsamt für sich und seine Frau einen Aufnahmebescheid, um nach Deutschland übersiedeln zu können.

Nach einem Sprachtest in Kasachstan lehnte das Bundesverwaltungsamt den Aufnahmeantrag ab: Der Kläger sei nicht deutscher Volkszugehöriger, weil er zwar über passive, aber kaum über aktive Sprachkenntnisse verfüge. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage und machte geltend, er habe nur deshalb kein Deutsch gelernt, weil er unter politischem Druck gezwungen gewesen sei, Russisch zu sprechen. Seine Mutter hätte ihm in einem russischsprachigen und deutschfeindlichen Umfeld die deutsche Sprache nicht ausreichend vermitteln können.

Die Klage blieb ohne Erfolg. In den Gründen seiner Entscheidung führte das Gericht aus: Der Kläger sei kein Spätaussiedler, weil ihm die deutsche Sprache nicht familiär vermittelt worden sei und nicht festgestellt werden könne, dass die Sprachvermittlung innerhalb der Familie ausnahmsweise wegen der Verhältnisse im Herkunftsgebiet nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei.

Nach der auf umfangreichen Gutachten und Stellungnahmen beruhenden ständigen Rechtsprechung des OVG NRW habe die deutsche Sprache in der ehemaligen Sowjetunion seit dem Zweiten Weltkrieg grundsätzlich zumindest in den Familien gesprochen werden können. Diese Rechtsprechung werde bestätigt dadurch, dass zahlreichen Deutschen die Sprache in der Familie tatsächlich vermittelt worden sei. Auch der Kläger habe erklärt, er habe als Kind oft andere Deutsch sprechen hören. Deshalb habe er beim Sprachtest viel Deutsch verstanden, so dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb er gehindert gewesen sei, die Sprache aktiv zu lernen.

(Urteil vom 19. Mai, 11 K 818/03, nicht rechtskräftig)

20./21.05.2004
mt@mt-online.de

zurück