Mindener Tageblatt ,
12.05.2004 :
"Schuld ist nicht erblich" / Sally Perel Gast in Minden / Bewegende Diskussionsmomente
Minden (nin). Sooft Sally Perel auch über seine Erfahrungen als "Hitlerjunge Salomon" spricht - die anschließenden Diskussionen zeigen immer wieder, wie präsent die Geschichte für viele noch ist.
"Ich weiß noch ganz genau, wie der Schularzt bei meiner Einschulung in der Königsschule in Minden feststellte, dass ich einen reinnordischen Schädel hätte. Er wusste natürlich nicht, dass ich Jude bin. Darauf sagte mein Vater zum Arzt: Darf ich das schriftlich haben?", erinnert sich Hans Bradtmüller , der zu der Lesung von Sally Perel am Wochenende in die Gesamtschule kam.
Als Perel neben seiner Kindheit in Peine, der Flucht vor der Roten Armee, von seinen Schulerlebnissen erzählte, und seiner Angst, in der Klasse als Jude ausfindig gemacht zu werden, entdeckte Bradtmüller ähnliche Parallelen in seinem Leben.
Ein anderer Mindener fühlte sich ebenfalls erinnert und sagte zu Perel: "Das, was sie eben gesagt und geschildert haben, hat mich tief bewegt. Auch ich habe damals in der Hitlerjugend die gleichen Lieder wie Sie gesungen,- nur dass ich es aus Überzeugung tat." Unter Tränen und tief bewegt fügte er hinzu: "Ich kann es nicht fassen, was wir damals gemacht haben."
Perel betonte während seines Vortrags: "Schuld ist nicht erblich. Ich möchte die Jugend von heute mit meinem Zeitzeugenbericht einfach nur aufrütteln."
Klaus Lindemann, Lehrer der Gesamtschule freute sich, dass so viele Schüler gekommen waren. "Zudem passt der Termin an diesem Wochenende geschichtlich gesehen ganz gut. Gestern vor 59 Jahren war der zweite Weltkrieg zu Ende."
Für das Projekt "Schule ohne Rassismus" ist Perel Schulpate der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule. In dieser Woche gibt Perel mehrere Lesungen an Schulen in Minden aus seinem Buch "Hitlerjunge Salomon". Erst im Mai ist seine Deutschlandreise beendet. Danach kehrt Sally Perel zurück nach Israel - wie er betont, "mein Vaterland".
mt@mt-online.de
|