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Die Glocke , 11.05.2004 :

Groß Döbern-Waldwasser / Erinnerungen an Flucht und Vertreibung aus der Heimat

Rheda-Wiedenbrück (ew). Am 20. Januar 1945 flüchteten die meisten Bewohner der schlesischen Doppelgemeinde Groß Döbern-Waldwasser vor der Roten Armee; im August 1946 wurden die verbliebenen gut 50 Einwohner aus ihrer Heimat vertrieben und 1964 fanden sich gut 300 ehemalige Bewohner aus ganz Deutschland zum ersten Heimattreffen im Saal Neuhaus in Rheda zusammen.

Zum 40. Heimattreffen nach der Flucht und Vertreibung konnte nun am Samstagabend ihr Sprecher Hubert Berger gut 90 Teilnehmer in der Gaststätte Klein an der Hauptstraße in Rheda-Wiedenbrück willkommen heißen. Die Doppelgemeinde Groß Döbern-Waldwasser im Kreis Brieg gehörte zum Regierungsbezirk Breslau. Die Einwohnerzahl belief sich auf 970 Personen, von denen 78 im Zweiten Weltkrieg gefallen waren. Weitere sechs Einwohner wurden beim Einmarsch der Russen erschossen und sieben verstarben auf der Flucht. Heute leben noch 125 der Dorfbewohner im Kreis Gütersloh und weitere 140 in den verschiedenen Bundesländern Deutschlands. Durch Fleiß und Entbehrung baute die Mehrzahl von ihnen nach Flucht und Vertreibung im heutigen Kreis Gütersloh, aber auch in ganz Deutschland für ihre Familien eine neue Existenz auf und errichtete in der Mehrzahl ein eigenes Haus.

Robert Baer war es, der sich über Jahrzehnte hinweg für die Heimattreffen seiner Freunde in der Emsstadt einsetzte und die Erinnerung an die schlesische Heimat wach hielt. Sein Erbe übernahm nach dessen Tod im Jahre 2001 Hubert Berger. Zu den Teilnehmern des 40. Heimattreffens zählten auch zwei Schulfreunde Bergers, die er erst jetzt per Internet in ihrer neuen Heimat ausfindig machen konnte. Zwei von Robert Baer im Jahre 1995 gemalten Bilder von der Dorfmitte und dem Seeweibel mit der Bootsanlegestelle erinnerten an die verlorene Heimat ebenso wie eine Bildergalerie mit über 70 Jahre alten Fotos, aber auch aktuellen Aufnahmen von einer Schlesien-Reise Bergers im Jahre 2002. Zudem hatte Manfred Ogrissek das gesamte Dörfchen Groß Döbbern mit dem Ausflugs- und Luftkurort Waldwasser mit allen 205 Häusern, Brücken, Schildern und 365 Bäumen maßstabsgetreu nachgebaut. Mit einem ganz persönlichen Geschenk überraschte der unermüdliche Organisator Berger seine schlesischen Freunde: Er überreichte allen Teilnehmern ein 24-seitiges Heftchen. In ihm hat er unter dem Titel "20. Januar 1945" alle schlimmen Erlebnisse nach dem Einrücken der Roten Armee und der gemeinsamen Vertreibung aus der schlesischen Heimat im August 1946 nieder geschrieben.


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