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Lippische Landes-Zeitung ,
10.05.2004 :
Die geschuldete Reverenz / Mahnmal für Flüchtlinge und Vertriebene in Horn eingeweiht
Horn-Bad Meinberg (upf). Eine junge Frau, gehüllt in einen Mantel, ihr Kind vor sich tragend, gebückt, erschöpft, gehetzt, auf der Flucht. Eine Bronzeplastik, die an das Leid der Menschen erinnern soll, die aus ihrer angestammten Heimat fliehen mussten. Gestiftet haben sie Ernst und Elfi Harte - als "Mahnmal an die Vertreibung". Gesten wurde es mit einem kleinen Festakt an der Burg Horn eingeweiht.
Ernst Harte ist geborener Hornscher, seine Frau Elfi stammt aus Kulm, das heute Chelmno heißt und in Polen liegt. Beider Anliegen war es, ein Mahnmal zu schaffen, das den Verlust von Heimat thematisiert, die Gewalt, die Menschen dabei erleiden und erdulden mussten - alle Menschen, denn den Hartes ging es nicht allein um die 15 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen aus den früheren deutschen Ostgebieten, sondern auch um jene, die in Europa seither immer wieder Opfer einer politisch und ethnisch motivierten Vertreibung wurden.
Festredner Dr. Walter Stich, Regierungspräsident a.D. und Vorsitzender des Lippischen Heimatbundes, stellte den begriff Heimat in den Mittelpunkt seiner Ansprache. Die Menschen, die aus dem Osten Deutschlands nach Kriegsende nach Lippe gekommen seien, hätten hier nicht ihre neue Heimat gesehen. "Sie wollten so schnell wie möglich in ihre eigene Heimat zurück." Die schiere Not aber, ein Dach über dem Kopf zu haben, sei schließlich ausschlaggebend gewesen, dass im vom Krieg nahezu unzerstört gebliebenen Lippe im Jahre 1950 die Bevölkerungszahl auf 274000 angestiegen sei - gegenüber 188 000 bei Kriegsende. "Ein Drittel aller Vorfahren der heutigen Lipper sind also Flüchtlinge und Vertriebene", schlussfolgerte Stich. Angesichts der Aufbauleistungen des Wirtschaftswunders "hat diese Blutzufuhr den Lippern gut getan". Gleichzeitig stellte Stich fest, dass es die Flüchtlinge und Vertriebenen gewesen seien, die die Zeche hätten zahlen müssen für den von Deutschland begonnen Krieg und "die Versäumnisse der gesamten Nation". Stich: "Kaum jemand weiß seine Heimat mehr zu schätzen als der, dem sie gewaltsam genommen wurde." Das von dem Bildhauer Jakob Wedel geschaffene Mahnmal bezeichnete er als "von der Mehrheit des Volkes geschuldete Reverenz an jene, die es hart getroffen hat".
Seinen Dank an das Stifter-Ehepaar drückte Bürgermeister Eberhard Block aus. Er wies auch auf den Standort direkt an der Burg hin: Hier habe die erste befestigte Anlage der Edelherrn zur Lippe gestanden, nachdem diese aus ihrer Heimat in Lippstadt vertrieben worden seien.
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