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Lotta - Antifaschischiste Zeitung aus NRW , 07.02.2004 :

Aufstand der Wahnsinnigen / Der "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten"

Von Gerd Alt

Internationale Holocaust-Leugner formierten sich kürzlich in einem Verein in Ostwestfalen. Ihre Vereinsgründung sehen die Aktivisten als Teil einer Kampagne für einen "Aufstand des Deutschen Volkes".

Zu einer Geburtstagsfeier der neonazistischen Art luf Ursula Haverbeck-Wetzel am 8. und 9. November 2003 in die neonazistische Tagungsstätte "Collegium Humanum" (CH) im ostwestfälischen Vlotho. Zu ihrem 75. Geburtstag wünschte sich die Witwe des Altnazis Werner-Georg Haverbeck und jetzige CH-Chefin zwei Vorträge zu Themen, die ihr Leben bestimmt haben. Sprechen sollten Horst Mahler über "Lüge in Geschichte und Politik" und der Schweizer Holocaust-Leugner Bernhard Schaub über "Germanische Mythologie und Christuswesenheit". "Wie es sich gehört bei einer Veranstaltung im CH", heißt es weiter in der Geburtstagseinladung, "sind beide Herren Geschädigte und Verfolgte nach § 130" (gemeint ist der § 130 StGB, der Volksverhetzung unter Strafe stellt).

Die Gründung des VRBHV

Als wollte Haverbeck-Wetzel beweisen, dass Geschichtsrevisionismus und Volksverhetzung bis heute ihr Leben bestimmen, gründete sie gemeinsam mit Bernhard Schaub sowie Mahler als treibende Kraft im Hintergrund tags darauf eine Art "Internationale der Holocaust-Leugner". Am 9. November wurde der nicht eingetragene "Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten" (VRBHV) aus der Taufe gehoben. An der Gründung wirkten laut einer Pressemitteilung vom 11. November einschlägig bekannte internationale Holocaust-Leugner mit.


Die Gründer des VRBHV:

Ernst Zündel
Holocaust-Leugner, in kanadischer Haft

Ingrid Zündel-Rimland
Ehefrau Ernst Zündels, USA

Robert Faurisson
Holocaust-Leugner, Frankreich

Rainer Daehnhardt
Extrem rechter Revanchist, Portugal

Germar Rudolf
Holocaust Leugner, England

Jürgen Graf
Holocaust-Leugner, Weißrussland

Gerd Honsik
Holocaust-Leugner, Spanien

Wilhelm Stäglich
Holocaust-Leugner, Deutschland

Fredrik Töben
Holocaust-Leugner, Australien

Andres Studer
Holocaust-Leugner, Portugal

Hans-Dietrich Sander
Herausgeber der "Staatsbriefe", Deutschland

Manfred Roeder
Holocaust-Leugner, Deutschland

Frank Rennicke
Neonazistischer Liedermacher, Deutschland

Hans Schmidt
Ehemaliger SSler, Geschichtsrevisionist, USA

Anneliese Remer
Witwe des Holocaust-Leugners Ernst-Otto Remer, Spanien


Als Vorsitzender fungiert Berndhard Schaub, als seine Stellvertreterin Ursula Haverbeck-Wetzel. In ihrer Eingangsrede auf der Gründungsversammlung bezeichnete die CH-Chefin die Reichspogromnacht als den "Beginn der großen Lüge, die endgültig zu Fall zu bringen Anliegen unseres Vereins sein wird: Der Auschwitz-Lüge". Ebenso deutliche Worte finden sich auch in der Gründungserklärung des VRBHV: "Wir ( ... ) geben Zeugnis davon, dass in allen Erdteilen Menschen redlicher Gesinnung den Holocaust im Sinne einer systematischen Vernichtung der europäischen Judenheit durch die Regierung des Deutschen Reiches bezweifeln." Auf den Abdruck dieser Erklärung in der Ausgabe 5/2003 der CH-Zeitschrift "Stimme des Gewissens - Lebensschutz-Informationen (LSI)" reagierte die Polizei mit einer Durchsuchung der Tagungsstätte. Gegen die LSI-Herausgeberin Haverbeck-Wetzel und den Anthroposophen und Altnazi Ernst-Otto Cohrs als Schriftleiter wurden Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Ausgeweitet wurde das Verfahren dann auch auf Mahler, der die Gründungserklärung des Vereins unterzeichnet hatte.

Vereinsgründung als Teil einer Kampagne

Der Verein hält indes an seinem Ziel fest, Straffreiheit für die Leugnung des Holocaust zu erstreiten. Es gehe darum, "durch organisierte Anstrengungen die bisher vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten aufzuheben, ( ... ) die notwenige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu gewährleisten und die fianziellen Mittel für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitzustellen". Offensichtlich hat man auch bereits betuchte Spender gefunden. So fragt Haverbeck-Wetzel in einem Schreiben an Horst Mahler: "15.000 Darlehn und 10.000 Spende, wäre Dir das recht?" Nicht ohne darum zu bitten, diese Geldangelegenheit "unter uns und den drei beteiligten Freunden (zu) lassen".

Die Vereinsgründung ist Teil einer breit angelegten Kampagne, die am 5. Februar 2003 mit dem "Verdener Manifest" startete, für das Horst Mahler und Rigolf Hennig verantwortlich zeichnen. "Der Aufstand gegen die Jüdische Weltherrschaft hat in Palästina mit der 2. Intifada begonnen. Der Befreiungskrieg setzt sich jetzt fort in Deutschland mit dem Angriff auf das Dogma von den 6 Millionen im Gas umgekommenen Juden", heißt es in diesem.

Mahler bedient sich einer bislang wenig beachteten Steilvorlage aus der Mitte der Gesellschaft. Diese Vorlage leiferte das Heft 5/2002 der Zeitschrift "Osteuropa", die von der "Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde" unter der Präsidentenschaft von Rita Süßmuth herausgegeben wird. Der Spiegel-Redakteur Fritjof Meyer schrieb in dieser Zeitschrift unter der Überschrift: "Die Zahl der Opfer von Auschwitz - Neue Erkenntnisse durch neue Archivfunde", dass in Auschwitz 'nur' etwa 510.000 Menschen ermordet worden seien. Eine Behauptung, die auf Recherchefehler beruht, wie andere Historiker überzeugend darlegen. "Der Veröffentlichung des Meyer-Artikels in der Zeitschrift ( ... ) Osteuropa" kommt nach Mahler "deshalb eine besondere strategische bedeutung zu", weil es die deutsche Justiz nicht wagen würde, gegen Fritjof Meyer und Rita Süßmuth wegen Volksverhetzung vorzugehen. Den besagten Artikel versagten nun einige Aktivisten aus dem Umfeld des späteren Holocaustleugner-Vereins an Prominente in Deutschland, um anschließend Selbstanzeige wegen Volksverhetzung zu erstatten. Dahinter steckte die Absicht, durch die Abweisung derartiger Anzeigen einen Freibrief für eine Auschwitz-Relativierung zu erlangen. Die Selbstanzeigen in Berlin (hier hatte Imke Barnstedt Selbstanzeige erstattet), in Bielefeld (Selbstanzeige von Haverbeck-Wetzel) und Bochum (Edgar Forster) wurden wegen mangelndem Tatverdacht tatsächlich abgewiesen, was die Holocaust-Leugner weiter motivieren dürfte.

Interesse an dieser Selbstanzeige-Kampagne zeigte auch der finanzkräftige Solinger Bauunternehmer Günther Kissel, der das ebenfalls betuchte Ehepaar Lutz und Gisela Limmer aus Meerbusch (Kreis Neuss), Haverbeck-Wetzel, Horst Mahler, Rechtsanwalt Hajo Herrmann aus Düsseldorf sowie den Vlothoer Holocaust-Leugner Udo Walendy nebst Gattin für den 19. August 2003 in sein Privathaus einlud und später weiteres Materail über die Selbstanzeige-Kampagne anforderte.

Der Wartburg-Aufstand

Bereits am 30. Juli 2003 hatten sich einige Aktivisten aus dem Umfeld des Vereins auf der Wartburg versammelt, um öffentlich zu bekunden, dass sie den Holocaust für eine Lüge halten. Die Wartburg als Ort war aber nur eine Notlösung, eigentlich war das Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers in Auschwitz vorgesehen. Da der Ausweis Mahlers im Vorfeld der Reise aber von der Polizei eingezogen worden war, versuchte man es zunächst vergeblich auf dem Geländes des ehemaligen KZ Buchenwald, um dann letztendlich auf die Wartburg auszuweichen. Hier versammelte sich der Kreis um Mahler, der in der Manier eines Verschwörers vier Sätze vorgab, die die Umstehenden nachzusprechen hatten. Darunter auch die Sätze "Den Holocaust gab es nicht" und "Das Deutsche Reich kommt im Aufstand des Deutschen Volkes zu sich". Koordiniert wurde die Fahrt von Rainer Link aus Berlin, der auch das Material für die Ausstaffierung der Holocaust-Leugner besorgte und dem ehemaligen Hausmeister, nun Sekretär, des CH, Ralf Steinke.

Reaktionen aus der extremen Rechten

Harsch reagierten Mahler und Haverbeck-Wetzel auf Kritiker der Kampagne aus dem extrem rechten Lager. Der NPD-Parteivorstand zum Beispiel beschloss auf seiner Sitzung vom 8./9. März 2003, Mitglieder und Anhänger der Partei aufzufordern, sich nicht an der Kampagne Mahlers zu beteiligen. Zehn Tage später trat Mahler aus der NPD aus. Dieser wirft er vor, sie wolle "sich in der Bundesrepublik Deutschland einhausen". Er hingegen wolle das "Deutsche Reich" wieder auferstehen lassen und sehe "die Judenfrage im Zentrum der gegenwärtigen Krise". Winfried Krauss, einer der Programmverantwortlichen der NPD, warf Mahler darauf hin vor, er würde wie ein "Klassenkaspar" agieren, der den Bezug zur Realität verloren habe. Anders Marc Strothe, ehemaliger Sprecher der Aktivitas der Bielefelder Burschenschaft "Normannia Nibelungen". In einer E-Mail unter anderem an den "Nationaldemokratischen Hochschulbund", das "Deutsche Kolleg", Christian Worch und Bernd Stehmann ließ er erkennen, dass er die grundsätzliche Position Mahlers und des Holocaustleugner-Vereins teilt. Er mahnte aber an, nur "gefestigte Volksgenossen" in die Kampagne einzubeziehen und niemanden zu verheizen. Für derlei 'Rücksichtnahme' hat Mahler indes kein Verständnis: "Unserem Volk" wäre "schon längst wieder eine Kampf-Elite ( ... ), der Waffen-SS vergleichbar" entwachsen, würde die "Untugend der Feigheit" nicht derart gepflegt werden.

Fazit

Zwar stecken unübersehbare Wahnvorstellungen hinter dem Agieren Mahlers, Haverbeck-Wetzels und ihrer Anhänger, angesichts der erschreckenden Ergebnisse, die zum Beispiel die EU-Studie über Antisemitismus ergeben hat, kann antisemitischer Wahn in der BRD jedoch durchaus auf ein breites Publikum hoffen.


lotta@koma.free.de

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