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Bünder Tageblatt / Neue Westfälische , 14.11.2008 :

Der Schrecken des Gettos / Historisches Jahrbuch des Kreises offiziell vorgestellt / Bünder SS-Mann im Focus

Von Gerlad Dunkel und Paul Pröter

Bünde/Herford. Kreisheimatpfleger Eckhard Möller atmete auf, nachdem er die ersten Seiten des neuen Historischen Jahrbuches durchgeblättert hatte. Erleichterung machte sich breit, als er sah, dass die Schwarz-Weiß-Aufnahmen in dem neuen Band nicht verwaschen sind, sondern "gut kommen". Gestern wurde das Buch offiziell vorgestellt.

Das Jahrbuch mit Inhalten zu füllen, sei mittlerweile kein Problem mehr. Im Gegenteil: "Es gibt jetzt schon Anmeldungen von Autoren, die für die kommende Ausgabe für 2010 schreiben möchten", sagt Eckhard Möller. Und dabei seien nicht nur Menschen aus der Region, sondern auch welche aus Berlin oder Dresden, die sich mit der Geschichte des Kreises Herford oder berühmter Persönlichkeiten der Region befasst haben.

Eine wichtige Rolle in dem neuen Jahrbuch spielt übrigens ein Bünder, um den sich "der schaurigste Prozess drehte, der je in Bielefeld verhandelt wurde" (O-Ton Freie Presse, November 1964). Die Rede ist von Heinrich Klaustermeyer, einem eingefleischten Antisemiten und SS-Mann, der im Warschauer Getto Untaten verübte, wie man sie sich heute kaum noch vorstellen kann. In einem vom November 1964 bis zum Februar 1965 dauernden Verfahren wurde Klaustermeyer, der nach dem Krieg von Bünde nach Gadderbaum verzog und dort am 20. Februar 1961 verhaftet wurde, vorgeworfen, von 1941 bis 1944 als Angehöriger des so genannten "Judenreferats" in Warschau 20 Menschen jüdischen Glaubens wahl- und skrupellos getötet zu haben. Zum Beispiel im Frühjahr oder Sommer 1942 eine Frau, die ein kleines Kind auf dem Arm getragen habe. Laut Zeugenaussagen hat Klaustermeyer der Frau das Kind entrissen, es etwa 5 Meter weit auf die Straße geschleudert und danach zuerst das Kind sowie anschließend die Frau durch Pistolenschüsse getötet.

Klaustermeyer leugnete zwar vor Gericht, das befand den in Bünde geborenen und aufgewachsenen Mann aber dennoch für schuldig und verurteilte ihn zu neunmal Lebenslänglich. Am 21. April starb Heinrich Klaustermeyer an Krebs, bis zuletzt erwies sich der Mann als uneinsichtig und glaubte, das Opfer einer zionistischen Verschwörung zu sein.

An die Schuld Heinrich Klostermeyers, den Nachbarn für einen netten und hilfsbereiten Menschen hielten, glaubte das Gericht unter anderem auch, weil sich der Mann bereits Ende der 1930er Jahre als überzeugter Nazi hervorgetan hatte. Erna Spanier zum Beispiel erinnerte sich daran, dass Klaustermeyer maßgeblichen Anteil an den Vorgängen in der Reichspogromnacht und am Boykott des elterlichen Geschäfts hatte. Und bei einem Urlaub in der Heimat soll sich der im Warschauer Getto gefürchtete Bünder mit zwei Ringen gebrüstet haben, die er von ihm erschossenen Jüdinnen abgenommen hatte.

Ab heute zu haben

Der 16. Band des Historischen Jahrbuchs für den Kreis Herford, ist ab heute für 14,90 Euro im Buchhandel zu haben. Im Internet ist unter

www.kreisheimatverein.de

eine Inhaltsangabe verfügbar. Das Redaktionsteam erreicht man per E-mail unter: hjb@kreisheimatverein.de

Bildunterschrift: Es ist vollbracht: Norbert Burmann, Harald Darnauer, Heinz-Werner Neumann (Sparkassenstiftung), Eckhard Möller und Christoph Laue (v. l.) mit den druckfrischen Exemplaren des Historischen Jahrbuchs für den Kreis Herford, Ausgabe 2009.

Bildunterschrift: November 1964: Heinrich Klaustermeyer vor dem Bielefelder Landgericht.


lok-red.buende@neue-westfaelische.de

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