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Westfalen-Blatt , 08.11.2008 :

Bilder aus Bielefeld gingen um die Welt / Ein Hobbyfotograf und ein Amateurfilmer hielten den Synagogenbrand fest

Von Michael Schläger

Bielefeld (WB). Als am 9. November 1938 die Bielefelder Synagoge brannte, wurden der Hobbyfotograf Hans Asemissen und der Amateurfilmer Gustav Wittler zu Augenzeugen. Ihre Aufnahmen erlangten weltweit traurige Berühmtheit.

Hans Asemissen schoss damals die einzigen bekannten Farbfotos von einer brennenden Synagoge. Bewegte Bilder der brutalen Ereignisse gibt es kaum. Gerade deshalb sind Gustav Wittlers Filmaufnahmen ein besonders erschütterndes Dokument. Bis heute werden Asemissens Fotos und Wittlers Film weltweit von Verlagen und Fernsehsendern eingesetzt, um die unfassbaren Ereignisse jener Nacht zu dokumentieren.

Gerade am Mittwoch erst waren sie in dem ARD-Beitrag "Als die Synagogen brannten" zu sehen. Asemissens Aufnahmen sind im Holocaust-Museum in Washington ausgestellt und Teil der Ausstellung im "Nahum Goldman Museum of the Jewish Diaspora" in Tel Aviv. Wittlers Filmsequenz wird im Jüdischen Museum in Berlin gezeigt, ist aber auch im Historischen Museum Bielefeld zu sehen.

Beide Dokumente sind zufällig entstanden. "Mein Vater wohnte damals in der Brunnenstraße", erzählt sein Sohn Hans-Jochen Asemissen heute. Am Morgen des 10. November sah er Flammen aus der nahen Synagoge an der Turnerstraße schlagen und griff zu seiner Leica-Kleinbildkamera. Der Hobbyfotograf war einer der wenigen, die damals schon die noch seltenen und teuren Agfacolor-Diafilme nutzten.

Die Bilder wurden erst 40 Jahre später gefunden. Der Kfz-Teile-Großhändler Hans Asemissen war bereits verstorben. Beim Sichten des Nachlasses wurde sein Sohn fündig. Noch in der Originalverpackung des Bielefelder Fotogeschäfts Hergeröder fand sich der Diafilm - ungerahmt.

Sein Sohn Hans-Jochen Asemissen beauftragte später eine Berliner Agentur mit der Wahrnehmung der Rechte. "Die Aufnahmen sollen nur in seriösen Zusammenhängen erscheinen", sagt er nach schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit. Sie sind derzeit in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zu sehen.

Bildunterschrift: Am 20. September 1905 wurde die Synagoge an der Turnerstraße (hier eine kolorierte Aufnahme) eingeweiht.

Bildunterschrift: Am 10. November 1938 brannte die Synagoge in Bielefeld.

Bildunterschrift: Hans Asemissen (1899-1963) fotografierte die brennende Synagoge.

08./09.11.2008
bielefeld@westfalen-blatt.de

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