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Lippische Landes-Zeitung ,
04.03.1993 :
Privater Deutschunterricht soll Asylbewerbern die Integration erleichtern / Sprachbarrieren abbauen
Von Anja Beckmann
Leopoldshöhe-Greste. Sie sind vor Kriegen, Hunger oder politischer Verfolgung geflohen und haben in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt. Einige der aus Schwarzafrika kommenden Asylbewerber sind im Gebäude des Kindergartens in Greste untergebracht. Heike Kortekamp und Uli Lasar geben ihnen privaten Deutschunterricht, damit sie sich im neuen Umfeld leichter einleben können.
Einmal wöchentlich besucht Heike Kortekamp die Unterkunft. "Hier gibt es einen Gemeinschaftsraum, den wir dafür nutzen können. Auch andere Bürger haben sich bereit erklärt, die Asylbewerber zu unterrichten, aber dazu fehlen die Räume." Seit ein paar Wochen besuchen regelmäßig 14 bis 17 Männer den privaten Deutschunterricht im Kellerraum der alten Grester Schule.
Die Idee war bei einem Treffen des Runden Tisches Bechterdissen-Greste entstanden. Dort hatte man gemeinsam überlegt, wie den Menschen in den Notunterkünften geholfen werden könne. "Sie sind alle sehr wißbegierig und verfügen zum großen Teil über einen mittleren bis gehobenen Bildungsstand", erzählt Heike Kortekamp, der das Unterrichten sichtlich Spaß macht.
Die Lehrbücher haben die Grünen gestiftet. "Wir fangen erst mal mit ganz einfachen Sachen an, mit dem Namen, der Adresse und solchen alltäglichen Dingen. Mir ist wichtig, dass die Asylbewerber sich verständlich machen können, wenn sie auf der Straße angesprochen werden", meint die "Privatlehrerin". Die Flüchtlinge sprechen zum Teil Englisch, zum Teil Französisch. Das hat Folgen für den Unterricht: "Zuerst erkläre ich alles auf Englisch, dann auf Französisch. Anschließend üben wir es zusammen in Deutsch", berichtet Heike Kortekamp, die auch von Beruf Lehrerin ist.
Reihum lesen alle einen Abschnitt aus dem Lehrbuch vor. Darin wird von Ausländern in der Bundesrepublik berichtet, die wie die Schwarzafrikaner in Greste Heimweh haben. "Heimweh" - wer weiß, was das bedeutet?" fragt Heike Kortekamp. "Heimweh, das heißt 'homesick'", meldet sich einer der "Schüler".
Er lebe seit ungefähr vier Monaten in der Bundesrepublik, erzählt Benjamin. "Der Unterricht hilft uns, uns in der fremden Umgebung besser einzuleben und zurechtzufinden", meint er in Englisch. Die anderen aus der Gruppe stimmen zu. Manchmal sei es schwierig, Kontakt zu den Bürgern zu bekommen, der Deutschunterricht sei daher eine Hilfe.
Idealismus, so Heike Kortekamp, sei sicher einer der Gründe, warum sie sich so engagiere. "Viele hier lebende Asylbewerber können sich bei dem geringen Taschengeld, das sie bekommen, einen Deutschkurs, zum Beispiel bei der Volkshochschule, gar nicht leisten." Darüber hinaus sei es auf Grund der sehr abseits gelegenen Unterkunft in Greste für die meisten Bewohner schwierig, Kurse in anderen Städten zu besuchen.
Der Unterricht geht weiter. "Wer möchte als nächster vorlesen?" ermuntert Heike Kortekamp ihre "Schüler". Ein paar Freiwillige melden sich.
Salzuflen@lz-online.de
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