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Bad Oeynhausener Kurier / Neue Westfälische , 08.09.2008 :

"Es war wie ein Schlag ins Herz" / Mordprozess gegen Ex-Bad Oeynhausener geht weiter

Von Stefan Lyrath

Bad Oeynhausen/Bückeburg. Lange hat er gebraucht, um den Tod seiner Mutter wenigstens halbwegs zu verarbeiten. "Es war wie ein Schlag ins Herz‘", erinnert sich der Sohn von Krystyna Pagacz-Znoj, ein Dolmetscher aus Norddeutschland, an die Nachricht vom Tod der 47-Jährigen.

"Danach habe ich alles sausen lassen, Arbeit, Uni ... “ Drei Jahre habe diese Phase gedauert. Zwischenzeitlich ist der Sohn Vater geworden. Sein Leben musste weitergehen. Vom Indizienprozess gegen Bernd S. (30), in dem der 31-Jährige als Zeuge und Nebenkläger auftritt, erwartet er vor allem eins: "Ich würde gerne wissen, wie es wirklich passiert ist." Dass der frühere Koch einer Bad Oeynhauser Klinik und das Opfer ein Verhältnis gehabt haben sollen, nennt der Sohn unmöglich. "Das halte ich für eine Lüge, für ein Märchen."

Am ersten Verhandlungstag hatte Verteidiger Dr. Volkmar Wissgott für seinen Mandanten eine Erklärung abgegeben, wonach Täter und Opfer, die damals als Nachbarn im selben Rintelner Mehrfamilienhaus lebten, über mehrere Monate eine sexuelle Beziehung gehabt hätten. Im Streit will der kräftige Mann "ausgerastet" sein und die 1,49 Meter kleine Frau in seiner Wohnung erwürgt haben, nach Erkenntnissen der Ermittler am 10. November 2000 oder kurz vorher.

Diese Darstellung könnte als Totschlag gewertet werden, falls das Bückeburger Schwurgericht ihr folgt. Vorgeworfen wird dem in einem früheren Prozess verurteilten Bankräuber diesmal Mord.

Der Anklage zufolge soll der 30-Jährige die Frau erwürgt haben, um der Anzeige wegen einer vorausgegangenen Vergewaltigung zu entgehen. Juristisch wäre das ein Mord-Merkmal. Außerdem wird ihm der Überfall auf eine Eisbergerin (heute 66) zur Last gelegt, die im September 2001 auf dem Weg zur Arbeit mit einem Knüppel niedergeschlagen worden war.

Durch die Aussage ihres Sohnes hat Krystyna Pagacz-Znoj jetzt zum ersten Mal so etwas wie ein Gesicht bekommen. Der 31-Jährige beschreibt seine Mutter als Frau mit moralischen Grundsätzen, gebildet und belesen. "Wer Remarque oder Hemingway nicht kannte, war bei ihr auf einem schlechten Weg." Im Jahr 1986 waren Mutter und Sohn nach Deutschland gekommen, der Junge sollte es einmal besser haben.

In den Neunzigerjahren heiratete Krystyna Pagacz-Znoj zum zweiten Mal, doch die Ehe ging in die Brüche. "Sie rutschte immer weiter in die Einsamkeit." Dennoch soll die Beziehung zum Sohn eng gewesen sein. "Von meiner Mutter wusste ich alles", sagt der 31-Jährige, der nach eigenen Angaben auch über den Kontakt mit einem Ausländer anderer Herkunft informiert gewesen ist. "Zu deutschen Männern hatte meine Mutter in 14 Jahren keine sexuelle Beziehung."

Zuletzt hatte Krystyna Pagacz-Znoj wohl einen sozialen Abstieg hinter sich. Sie lebte von Sozialhilfe, machte Grabpflege, ging putzen. Und sie trank. Um seine Mutter auf andere Gedanken zu bringen und vom Alkohol abzuhalten, schickte der Sohn Päckchen oder Briefe, auf die die Frau rasch antworten sollte, um so etwas wie einen geregelten Tagesablauf zu haben. "Sie hat ihr früheres Leben für mich geopfert und nicht so gelebt wie in Polen." Gelebt habe sie für die Post im Briefkasten.




Anmerkung von www.hiergeblieben.de:

Artikel über Bernd Schuster, bis zu seiner Verhaftung Mitte März 2008 in der Lindhorster Wohnung von Arwid Christoph Strelow gemeldet, der seit Oktober 2007 eine Haftstrafe von 25 Monaten verbüßt. Dorthin hatte sich Schuster nach seiner Haftentlassung im Sommer 2007 umgemeldet. Fünf Jahre zuvor war er wegen zwei Banküberfällen in Rehren und Eisbergen verurteilt worden. Kaum auf freiem Fuß suchte der Rintelner wiederum Kontakt zu den führenden Köpfen der "Nationalen Offensive Schaumburg".

Vergleiche: Blick nach Rechts, 10.04.2008: Kriminelle Nazi-WG / Aktivist im Umfeld der "Nationalen Offensive Schamburg" steht unter Mordverdacht


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