Verwaltungsgericht Minden ,
09.05.2003 :
Versammlungsauflösung in Bielefeld rechtmäßig
Die polizeiliche Auflösung der Versammlung auf dem Bielefelder Siegfriedplatz am Abend des 25.04.1998 war rechtmäßig. Das hat die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden auf die Klage von 62 Versammlungsteilnehmern jetzt entschieden.
Das Gericht hatte allerdings nicht darüber zu entscheiden, ob es rechtmäßig war, dass die Polizei im Anschluss an die Auflösung der Versammlung die Demonstranten einkesselte und bis zum nächsten Morgen festhielt. Diese Frage ist in einem noch offenen Verfahren vom Amtsgericht Bielefeld zu klären.
Für den Nachmittag des 25.04.1998 war ein Aufzug durch das Bielefelder Stadtgebiet mit dem Thema "reclaim the streets" angemeldet worden. Er sollte am Hauptbahnhof beginnen und unter anderem am Siegfriedplatz vorbeiführen. Die Polizei löste den Aufzug schon kurz nach seinem Beginn auf, weil aus mehreren auflagewidrig mitgeführten Großlautsprecher-anlagen lautstark Techno-Musik abgespielt wurde. Etliche Demonstranten zogen daraufhin weiter zum Siegfriedplatz. Dort wollten sie das Anliegen ihres geplanten Aufzugs verdeutli-chen und gegen die vorangegangene Auflösung demonstrieren. Einige Demonstranten ver-sperrten mit Fahrzeugen, zwei fünf Meter hohen Dreibeinen, in deren Sitzvorrichtungen un-ter der Spitze Demonstranten kletterten, und Betonfässern, an denen sich Demonstranten festklammerten, die Straße. Es wurde erneut lautstark Techno-Musik abgespielt. Die Polizei löste über Lautsprecher nach etwa 45 Minuten auch diese Versammlung auf und forderte die Demonstranten drei Mal auf, sich zu entfernen.
Die 11. Kammer sah es zunächst als erwiesen an, dass die Auflösung der Versammlung über Lautsprecher trotz der lauten Musik klar verständlich war, was unter anderem durch eine Videoaufnahme belegt worden sei. Die Polizei habe die Versammlung auch auflösen dürfen. Die abgespielte Musik sei für unbeteiligte Dritte gesundheitsgefährdend laut gewe-sen und der Straßenverkehr sei gezielt behindert worden. Versammlungen, durch die gezielt Rechte Dritter beeinträchtigt würden, seien durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht zu rechtfertigen. Bei der Ermessensausübung habe berücksichtigt werden dürfen, dass bei der Versammlung am Siegfriedplatz offensichtlich das Verbot, beim am Bahnhof begon-nenen Aufzug Großlautsprecher mitzuführen, umgangen werden sollte. Auch habe die Poli-zei auf Grund ihrer noch unvollständigen Erkenntnislage berechtigterweise annehmen dür-fen, die Demonstranten könnten durch ihre Straßenblockade eine strafbare Nötigung be-gangen haben. Eines vorherigen Kooperationsgesprächs habe es nicht bedurft, weil es kei-nen verantwortlichen Versammlungsleiter gegeben habe, der die Ergebnisse verbindlich an die Teilnehmer hätte weitergeben können. Wegen der gezielten Rechtsverletzungen habe es schließlich kein zur Gefahrenbeseitigung ebenso geeignetes Mittel wie die Auflösung der Versammlung gegeben.
(Az.: 11 K 810/99, Urteil vom 16.04.2003)
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