www.hiergeblieben.de

Der Patriot - Lippstädter Zeitung , 31.07.2008 :

Abschiebung verhindert / Ausweisung der Familie Aloyan scheitert vorerst an Protestaktion / Freunde und engagierte Bürger versperren den Zutritt zur Wohnung

Geseke. Die geplante Abschiebung der armenischen Flüchtlingsfamilie Aloyan ist vorerst gescheitert. Zahlreiche engagierte Bürger, darunter auch Freunde und Bekannte der Aloyans, haben sich gestern Morgen demonstrativ vor das Wohnhaus der seit knapp zehn Jahren in Geseke lebenden Familie gestellt und somit den Zugang zu deren Wohnung versperrt.

Unverrichteter Dinge sind die Mitarbeiter der zentralen Ausländerbehörde aus Dortmund sowie die Polizei darauf hin wieder abgerückt. Eigentlich sollte die Familie gestern via Frankfurt nach Armenien zurückkehren, nachdem das Verwaltungsgericht die Ausreisepflicht der illegal nach Deutschland eingereisten und bis vor einem Jahr unter falscher Identität in Geseke lebenden Familie bestätigt hatte (wir berichteten).

Nachricht aus dem Soester Kreishaus

Um kurz vor zehn, gut 20 Minuten nach der geplanten Abfahrt der Familie zum Frankfurter Flughafen, kam dann aber die entscheidende Nachricht aus dem Soester Kreishaus: "Die Abschiebeaktion ist abgebrochen", erklärte Bernhard Küchmeister, Sachgebietsleiter der Kreis-Ausländerbehörde, den Anwesenden nach einem Telefonat mit den Entscheidungsträgern im Kreishaus. Schon vorab hatte Küchmeister im Gespräch mit unserer Zeitung angekündigt, dass es zu keinerlei Gewaltanwendung kommen werde.

Nach dem Abzug der Ausländerbehörde war die Erleichterung der Bürger zwar spürbar, dennoch herrschte weiterhin Skepsis und Misstrauen vor. "Die kommen spätestens heute Nacht wieder", meinte etwa Lisa Kiselmann, die die 17-jährige Narine Aloyan aus der Schule kennt. Auch der Geseker Stefan Plath rückte nach der erfolgreichen Protestaktion mit einer gewissen Skepsis ab. "Im Augenblick bin ich erleichtert. Ich hoffe jetzt, dass es weitere Aktionen von Bürgern gibt", sagte Plath. "Allerdings scheint der Rückhalt in der Bevölkerung nicht so groß. Ich vermisse die Politiker und die Vertreter der heimischen Kirchen", fügte er hinzu.

Ganz ohne geistlichen Beistand musste die Familie Aloyan allerdings in diesen schweren Stunden nicht auskommen. Im Vorfeld der Abschiebe-Aktion stand die Familie bereits in Kontakt mit Uwe Schläger, Pfarrer der Stadtkirche St. Petri, und auch mit dem Ev. Pfarrer Werner P. Nicolai, der gestern zudem eine Presseerklärung zu diesem Thema veröffentlicht hat.

Vor Ort waren während und nach der Protestaktion zudem der Pfarrer für Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Arnsberg, Dr. Friedhelm Groth, sowie die Lippstädter Pastorin Margot Bell. Beide Geistlichen bezeichneten die Situation mit Blick auf die gesellschaftlich voll integrierte Familie und die an einer Nervenmuskelerkrankung leidende Tochter Elwina als eine menschliche Tragödie. "Hier wird kein Gnadenakt ausgeführt", erklärte Groth. "Nach der Rechtsauslage darf man abschieben, muss es aber nicht", ergänzte Bell.

Die Kreisverwaltung sieht das indes weiterhin anders. In einer schriftlichen Stellungnahme wies der Kreis gestern noch einmal auf die Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Maßnahme hin. "Die Ausreisepflicht der Familie besteht auch weiterhin", heißt es in diesem Zusammenhang. Insbesondere seien auch die Belange des behinderten Kindes schon im Vorfeld ausreichend berücksichtigt worden.

"Behandelbarkeit der Erkrankung bestätigt"

So liege der Ausländerbehörde eine Stellungnahme der Deutschen Botschaft in Armenien vor, die eine Behandelbarkeit der Erkrankung des Kindes in Armenien ausdrücklich bestätigt, erklärte die Kreisverwaltung. In der Presserklärung machte die Behörde schließlich auch noch einmal darauf aufmerksam, dass die Bezirksregierung Arnsberg mit der Erwartung an den Kreis Soest herangetreten sei, ein Hauptverfahren vor dem Verwaltungsgericht insbesondere vor dem Hintergrund des Artikels 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention abzuwarten. Die in diesem Verfahren mit Eilantrag beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei allerdings schon vor dem Abschiebetermin vom Oberverwaltungsgericht abgelehnt und die Rechtmäßigkeit der Abschiebung damit bestätigt. "Der Kreis wird vorerst von weiteren Maßnahmen zur Abschiebung der Familie absehen", heißt es abschließend.

Bildunterschrift: "Abschiebung ist Mord" propagierten die Teilnehmer der Protestaktion vor dem Wohnhaus der Aloyans.

Bildunterschrift: Bis hier hin und nicht weiter: Protestierende Bürger versperrten der Ausländerbehörde den Eingang zur Wohnung der Aloyans.


Redaktion@DerPatriot.de

zurück