www.hiergeblieben.de

Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische , 16.07.2008 :

Serie / Orte jüdischen Lebens in Herford / Das Schicksal der Familie Elsbach / Teil 9: Zwei Brüder gründeten in Herford die größte Wäschefabrik Europas

Von Stefan Boscher

Herford. An der Brüderstraße Nr. 40 wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Grundstein für zwei Unternehmen gelegt, die zu den bedeutendsten in der Herforder Geschichte aufsteigen sollten: Die Firma Elsbach, bestehend aus einer Hemden- und einer Wäschefabrik. Der Erfolg dauerte bis 1938, als die Schikanen der Nazis gegen die jüdischen Eigentümer zu groß wurden.

Die Firma Elsbach wurde im Jahre 1848 von Levi Elsbach als Manufaktur- und Modewarengeschäft gegründet und am 29. April 1875 von den Brüdern Joseph und Hermann Elsbach als "Herforder Hemdenfabrik J. Elsbach & Co." in das Handelsregister eingetragen. Hergestellt wurden Damen-, Herren- und Kinderwäsche, die von etwa 50 heimarbeitenden Frauen gefertigt wurden.

Die Heimarbeit spielte eine besondere große Rolle, da sie die bequemste, beweglichste und einfachste Art der Produktion darstellte. Durch die Firma Elsbach kam die Wäschenäherei in Heimarbeit in dieser Gegend erst richtig zur Blüte. Die Familie Elsbach stand um 1900 an erster Stelle der wirtschaftlichen Bedeutung in der Werrestadt.

Sie hatten frühzeitig die Hinwendung des Marktes zur Massenherstellung anstelle der früheren Einzelfertigung erkannt. Auch als die Familie Elsbach bedeutende Unternehmer waren, haben sie sich ihrer geringen Herkunft als früher umherziehende Händler nicht geschämt. Der berufliche Aufstieg der Elsbachbrüder wurde durch die Gewerbefreiheit und die mit ihr verbundene Aufhebung des Berufsverbots für jüdische Bürger ermöglicht.

1891 wurde die Produktion mechanisiert und der Firmensitz an die Goebenstraße verlegt. Schon im Jahr 1914 war Elsbach die größte europäische Wäschefabrik. In der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur wurde die Familie zunehmend schikaniert, immer weniger Kunden fanden den Weg zum Elsbach-Unternehmen.

Die jüdische Eigentümer-Familie musste ihre Anteile an der Firma 1938 verkaufen, der Betrieb wurde von Adolf Ahlers übernommen.

Der frühere Chef Kurt Elsbach konnte fliehen, seine Schwester Käte Maass, geborene Elsbach, wurde zusammen mit ihrem Mann im Konzentrationslager (KZ) ermordet. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Kurt Elsbach wieder in die Geschäftsleitung der Firma aufgenommen, er starb jedoch im Jahr 1954.

Die erstatteten Anteile an der Firma wurden an Ahlers verkauft. Die ursprüngliche Hemdenfabrik Elsbach würde heute links neben dem Kaufhaus Klingenthal stehen. Wenn überhaupt noch von dem Ursprungsbau etwas erhalten war, wurden die Reste beim Bombenangriff zerstört.

Alle bisher erschienenen Teile der Serie „Orte jüdischen Lebens“, die die Neue Westfälische in Zusammenarbeit mit dem Kommunalarchiv des Kreises Herford veröffentlicht, sind zu finden im Internet unter

www.nw-news.de/herford

Zwei Gedenktafeln und ihre Symbolik gegen das Vergessen / Hemdenfabrik / Ort: Brüderstraße 40 / Gestaltet von: Anna Uhlmann

Aussage des Reliefs (links): Es soll an den Ursprung der Hemdenfabrik Elsbach in der Herforder Innenstadt erinnert werden. Das halbe Hemd steht für den Anfang, die Wurzeln symbolisieren den Ursprung der Produktion.

Wäschefabrik / Ort: Goebenstraße / Gestaltet von: Lisa Marie Austmann

Aussage des Reliefs (rechts): Im Hintergrund wird eine Fabrik gezeigt und davor eine Nähmaschine. Vor der Maschine läuft dem Betrachter eine Stoffbahn entgegen. Das Relief steht für das Betriebsgebäude der Wäschefabrik "J- Elsbach & Co A.G."

Die beiden Gedenktafeln sind Bestandteil der 13 Orte jüdischen Lebens, die Schüler des Wilhelm-Normann-Berufskollegs in der Herforder Innenstadt gestaltet haben. Damit wollen sie an das Leben und Wirken jüdischer Mitbürger erinnern.

Bildunterschrift: Historische Ansicht aus den späten 1940er Jahren: Der Gehrenberg und Teile der Brüderstraße nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Deutlich sind die nach einem Bombenangriff zerstörten Häuser zu erkennen. Die Hemdenfabrik Elsbach befand sich auf der linken Seite, dort wo auf dem Foto der Bauzaun zu sehen ist.


lok-red.herford@neue-westfaelische.de

zurück