Indymedia ,
06.06.2008 :
Sommersonnenwende an den Externsteinen
Auch in diesem Jahr in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni werden sich wieder jede Menge Neonazis und Anhänger der neuheidnischen Nazi-Sekten an den Externsteinen im Teuteburger Wald bei Horn Bad Meinberg (Nähe Detmold) treffen um das angeblich altgermanische Fest der Sommersonnenwende zu feiern. Die Externsteine gelten den Faschisten als altgermanische Kultstätte des Stammes der Sachsen.
Die Externsteine - Mittelpunkt "heidnischer Metaphysik"
An den Externsteinen bei Horn treffen sich zur alljährlichen Sommersonnenwende am 20./21. Juni um die 1.000 Personen, die verschiedenen esoterischen und germanischen Kulten frönen oder auch nur feiern wollen. Dazu gehören auch Neonazis, die in jedem Jahr dort vertreten sind.
Hintergrund ist die den Steinen angedichtete Funktion als altgermanisches Heiligtum. Verantwortlich dafür sind vor allem die NS-Forschungsgemeinschaft "Das Ahnenerbe'" und deren Präsident, der Reichsführer SS Heinrich Himmler, die versuchten die Höhlen und Bildhauereien in diesem Sinne zu interpretieren. 1934 wurden umfangreiche Ausgrabungsarbeiten vorgenommen.
Vor allem die Veröffentlichungen von Wilhelm Teudt haben zu zahlreichen Legenden geführt, von denen sich allerdings keine einzige wissenschaftlich bestätigen ließ. Dennoch haben sie auch nach 1945 Eingang in Prospekte und Beschreibungen gefunden und sind teilweise bis heute verbreitet. Tatsächlich sind alle Bildhauereien an den Externsteinen christlichen Ursprungs und nichts weist darauf hin, dass sie einmal als germanisches Heiligtum dienten.
Für die Nationalsozialisten hatte die Germanisierung der Steine denn auch vor allem eine politische Funktion, die sie hinter religiös-emotionalem Ahnenglauben verbargen. Die mystische Funktion beschreibt eine Massenbroschüre der "Ahnenerbe-Stiftung'" von 1939: "Wir aber spüren, daß wir an einer Stätte stehen, die unseren Ahnen heilig war. ( ... ) Sie erkannten im Werden, Vergehen und Neuerstehen das ewig deutsche Schicksal, dem der göttliche Wille bis in ferne Zeiten immer wieder ein neues Werden und Auferstehen zuteil werden läßt."
Germanenkult und Neoheidentum An derlei Deutungen knüpft heute die u.a. von Burckhart Weecke aus Horn geleitete Zeitschrift "Metapo" an. Hans-Jürgen Hagel aus Detmold schrieb dort, "unzweifelhaft"' seien die Externsteine "Das Heiligtum der Germanen'" gewesen: "Sie bildeten den Mittelpunkt des alles umfassenden Kultus einer existenziell-ganzheitlich heidnischen Metaphysik.'"
Unter das bunte Volk, das sich zur Sommersonnenwende an den Externsteinen tummelt, mischen sich daher zahlreiche Neonazis und heidnischgermanische Sekten. Der germanisch/heidnische Mythos dient ihnen als Religionsersatz und Legitimation des Nationalsozialismus gleichermaßen. Blutsglaube, Rassismus, biologistisches Menschenbild, soldatisches Heldentum oder ein Ganzheits- und Naturglaube werden hier in religiös verklärter Form zelebriert und propagiert.
Der Verbreitung dieses sogenannten Neoheidentums dienen mehrere Sekten, die fest in das neonazistische Netzwerk eingebunden sind. Eine davon ist die "Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft". In der Vergangenheit gehörten vor allem Gruppen und Mitglieder der später verbotenen "Wiking-Jugend", "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" und "Nationalistischen Front" zu denjenigen, die in wallenden Gewändern und mit gehörnten Kopfbedeckungen germanischen Kulten huldigten. Heute sind es Neonazis aus dem Spektrum der "Freien Kameradschaften'". Im Jahr 2001 trat der Bielefelder Bernd Stehmann mit mehr als 30 seiner KameradInnen auf. Sie versuchten die anwesenden AntifaschistInnen, die dort aufklärende Flugblätter verteilten, zu behindern und zu provozieren.
Auch außerhalb der Sonnenwendfeiern sind gelegentlich Neonazis an den Steinen anzutreffen. Ende September 2001 trafen sich dort freie Kameraden aus Ostwestfalen, Niedersachen und Berlin zu einem paramilitärischen Orientierungsmarsch.
Die "Artgemeinschaft"
Die "Artgemeinschaft - Germanische Glaubensgemeinschaft" gibt die "Nordische Zeitung" heraus, die von dem bekannten extrem rechten Anwalt Jürgen Rieger verantwortet wird. Zu den Grundlagen gehört das so genannte "Artbekenntnis" zu den Idealen und Merkmalen der "Rasse". Wie die Nationalsozialisten verbreitet der Verein eine völkische Blutsmystik und kämpft um "volkliche Einheiten wie Gau und Stamm, Reich und Volk. Lebendige geistige Wirklichkeit ist die Gemeinschaft des Blutes."
Die Artgemeinschaft gliedert sich in regionale Gefährtenschaften und Freundeskreise. In Ostwestfalen existiert der "Freundeskreis Wittekindsland" der Artgemeinschaft. Zur "Pflege und Stärkung des Artglaubens" lud Gerd Rothe aus Bad Oeynhausen die Kameraden zum "22.Julmond 3799 n.St." (22.07.1999) nach Langenholzhausen im Kalletal zu einer Sommersonnenwendfeier ein. Diese fand an einem der zahlreichen Findlinge statt, die den Sekten neben den Externsteinen als Ort für Kultfeiern dienen.
Zum Kreis der Artgemeinschaft gehört auch Gerd Ulrich aus Detmold. In der "Nordischen Zeitung" zeigten er und Anna-Maria Ulrich die Geburt ihrer Tochter Gerlind an. Nach Angaben des Magazins "Die Waage", war Ulrich zuvor "Gauleiter" der mittlerweile verbotenen "Wiking-Jugend". Weitere Familiennachrichten fanden sich in der Nordischen Zeitung von Markus und Heike Spilker (Herford), Günter und Irina Bremermann (Stemwede) sowie Hartmut und Dagmar von der Heide (Detmold).
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