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Herforder Kreisanzeiger / Neue Westfälische , 30.05.2008 :

Serie: Orte jüdischen Lebens / Teil 5: Nazi-Terror im Wittekind-Kino / Das Schicksal der Familie Salfeld

Von Stefan Boscher

Herford. Das frühere Wittekind-Kino gehört bis Anfang 1934 der Familie Salfeld. Frau Salfeld, nach nationalsozialistischer Terminologie Nichtjüdin, war die Eigentümerin des Lichtspielhauses. Sie zeigte 1934 den Film "Früchtchen" mit einer jüdischen Hauptdarstellerin. Das sollte der Familie zum Verhängnis werden.

Anders als im Deutschen Reich allgemein, gingen die Herforder SA-Leute Niebuhr und Hentschel daran, die Aufführungen zu stoppen und die Absetzung des Films vom Programm zu erzwingen. Nach überlieferten Angaben wurden 20 bis 25 Angehörige der SA (Die Sturm-Abteilung war die paramilitärische Kampforganisation der Hitler-Partei NSDAP) während einer Aufführung im Kino verteilt. Niebuhr stürmte zusammen mit Hentschel das Kontor. Die Familie wurde bedroht, beschimpft und gedemütigt.

Der Rechtsanwalt der Familie fertigte kurz nach dem Vorfall ein stenographisches Protokoll an: "Niebuhr: Wo ist der ltzig? Her mit dem Itzig! Niebuhr zu Mutter und Tochter: Judenschicksel! Wir hängen ihn! Schlagt ihn tot, hängt ihn auf!"

Das Protokoll endet mit den Sätzen: "Eine der Drohungen des Niebuhr gegen die . . . erkrankte Tochter ... habe ich noch in Erinnerung. Ich habe sie damals ... nicht in den Text aufgenommen, weil sie zu brutal und widerlich war." Herr Salfeld und sein Sohn konnten mit Hilfe eines Herforder Bürgers fliehen. Die Familie musste das Kino jedoch aufgeben und verließ Herford.

Alle Teile der Serie "Orte jüdischen Lebens", die die NW in Zusammenarbeit mit dem Kommunalarchiv des Kreises Herford veröffentlicht, sind zu finden unter www.nw-news.de/herford

Bedrängnis durch die SA / Ort: Höckerstraße 5

Gestaltet von: Sandra Braun

Aussage des Reliefs: Auf dem Relief vor dem Wittekind-Kino ist eine Filmrolle mit einem abgerollten Stück Filmband zu sehen. Das Ende des Filmbandes ist abgerissen, zur Verdeutlichung ist zusätzlich ein Davidstern abgebildet. Erinnert wird an die Machenschaften der Sturm-Abteilung (SA) und ihrer Opfer.

Die Gedenktafel ist Teil der 13 Orte jüdischen Lebens, die Schüler des Wilhelm-Normann-Berufskollegs in der Herforder Innenstadt gestaltet haben.

Bildunterschrift: Zum Gedenken: Diese Platte befindet sich in der Fußgängerzone. Dem Anlass angemessen ist unter anderem eine Filmrolle abgebildet.

Bildunterschrift: Historische Ansicht: Die Höckerstraße in der Herforder Innenstadt in den 1930er Jahren. Links im Bild ist das Wittekind-Kino zu sehen.


lok-red.herford@neue-westfaelische.de

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