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Löhner Nachrichten / Neue Westfälische , 09.05.2008 :

Den Zechkumpan zusammengeschlagen / Geldstrafe für Löhner nach Schlägerei im Suff

Von Daniel Freese

Löhne. Zäh zieht sich die Verhandlung im Bad Oeynhausener Amtsgericht hin. Der gefährlichen Körperverletzung angeklagt ist Holger W. (alle Namen geändert). Der arbeitslose Löhner war in der Tatnacht im Juli 2007 stark alkoholisiert. Gestern steht er mit klarem Kopf vor Richter Onni Kipp und versteht gut, dass er mit einer Geldstrafe noch gut bedient ist.

Doch auch Opfer Oleg O. hatte in Sachen Alkohol in der Tatnacht ordentlich zugelangt. "So zehn Flaschen Bier" habe der Schüler auf einer Geburtstagsfeier getrunken, ehe er sich mit Freunden auf dem Heimweg machte. An viel könne der 16-Jährige sich nicht erinnern, nur dass er vor dem "Jahn-Eck" plötzlich zu Boden gestreckt, danach mit Tritten ins Gesicht traktiert wurde. "Wir haben vorher kurz mit zwei Typen geredet, dann ging alles ganz schnell." Neben Holger W. gibt es einen zweiten Verdächtigen. Dieser "kräftige Glatzenträger" ist jedoch bis heute unbekannt.

Schlimm zugerichtet wurde der am Boden liegende Oleg O. Auch nach dem Krankenhausaufenthalt habe er drei Wochen nicht schmerzfrei essen können. "Der war voller Blut aus Nase und Mund", berichtete Kumpel Phillip Z. (18) im Zeugenstand.

Ebenfalls als Zeuge geladen ist Mario L., damals Wirt im "Jahn-Eck". Er sagt aus, dass sich die drei Freunde ein Bier genehmigt hätten. "Die haben sich mit dem Angeklagten und diesem Glatzkopf an der Theke ganz gut unterhalten. Dann schlug das Gespräch um, wurde aggressiv. Es ging wohl um Ausländerfeindlichkeit", so der 32-Jährige.

Kurz nach den Tumulten vor einem Jahr, hatte der gelernte Industriekaufmann bei der Polizei noch ausgesagt, Holger W. habe mit "99-prozentiger Sicherheit" Oleg O. ins Gesicht geschlagen. Er hatte W. aus 104 Fotos heraus erkannt. Jetzt wollte er davon nichts mehr wissen: "Der Glatzkopf war der Auslöser", erklärt Mario L.

Nach den Ausschreitungen hatten die Streithähne die Schänke verlassen müssen. "Oleg und Jona sind vor der Kneipentür stehen geblieben. Irgendwann habe ich gehört, wie diese aufging. Dann ging alles in Sekundenbruchteilen", so Tischlerlehrling Phillip Z. "Die Glatze" habe Jona Q. laufend in Richtung Bahnhof verfolgt, während der mehrfach vorbestrafte W. wild auf den Geschädigten eingetreten habe.

Nach einem Gespräch zwischen Oberstaatsanwalt Burkhard Weier, Verteidiger Lindemann und Richter Kipp entschied sich der Angeklagte dann doch ein Geständnis abzulegen. Die Verteidigung hatte zuvor versucht, den Verdacht auf den kahlköpfigen Unbekannten zu lenken. "Mein Mandant gibt zu, ein- oder zweimal auf den Zeugen O. eingetreten zu haben", sagte der Verteidiger.

Von einer Hochzeit kommend, habe der als gewaltbereit bekannte W. einen Abstecher in seine Stammkneipe gemacht, er sei nach 20 Bier und einigen Schnäpsen "nahezu betrunken" gewesen. An eine Auseinandersetzung erinnere sich W. zwar, wolle aber nichts dazu sagen.

Richter Kipp folgte den identischen Strafanträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Er verhängte 120 Tagessätze à 15 Euro. Normalerweise sei von einer Geldstrafe bei gefährlicher Körperverletzung "nicht zu reden". Strafmildernd wirkten sich aber das Geständnis sowie die eventuelle verminderte Schuldfähigkeit aus. "Wenn so etwas aber noch mal passiert, ist Ende der Fahnenstange", mahnte Kipp.


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