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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 25.04.2008 :

Kurt Steinitz (101) verstorben / Ehrenvorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde

Paderborn. In tiefer Trauer teilt die Jüdische Kultusgemeinde mit, dass ihr ältestes Mitglied, ihr Ehrenvorsitzender Kurt Steinitz am Mittwoch im Alter von 101 Jahren in Paderborn friedlich verstorben ist.

Kurt Steinitz, Auschwitzüberlebender mit der Häftlingsnummer 105041, wurde am 14. Januar in Hindenburg / Oberschlesien als vorletztes Kind von 6 Kindern des jüdischen Ehepaars Steinitz geboren. Noch vor 1933 begann er bei einem jüdischen Gutsbesitzer in der Slowakei Landwirtschaft als Vorbereitung zur Auswanderung nach Palästina zu lernen. Nachdem aber 1933 alle Deutschen aus der Slowakei ausgewiesen worden waren, lebte er von 1933 bis 1938 wieder in Hindenburg und arbeitete im elterlichen Betrieb, bis dieser enteignet wurde.

1939 setzte er die Ausbildung für die Auswanderung nach Palästina fort und kam im Zuge dieser Vorbereitung auf Anforderung seines Bruders, Walter Steinitz, nach Paderborn als Arbeitskraft für den Aufbau des Arbeitslagers am Grünen Weg.

Im Lager heiratete er 1942 die Mitinsassin, Sophie Schlaume. 1943 wurden Lagerinsassen gemeinsam nach Auschwitz abtransportiert. An der Rampe von Auschwitz sah er seine Frau zum letzten Mal.

Im Januar 1945 wurde er mit Tausenden von Häftlingen zuerst in den KZ Mittelbau "Dora" in Thüringen und dann nach Bergen-Belsen transportiert, wo er unter den anderen Überlebenden von den englischen Truppen befreit wurde. Nach seiner Befreiung kehrte er nach Paderborn zurück und 1948 wanderte er nach Israel aus. Da aber seine zweite Frau das Klima in Israel nicht vertrug, kehrten die beiden 1957 nach Deutschland zurück und nahmen in Paderborn ihren Wohnsitz.

Kurt Steinitz war mehr als 50 Jahre Mitglied in der Jüdischen Gemeinde Paderborn, darunter viele Jahre Mitglied des Gemeindevorstandes und später der Ehrenvorsitzende der Gemeinde.

Seine treue, ruhige und gute Art hat auch in seinem hohen Alter seine Bekannten und Freunde immer mit guter Stimmung und Zuversicht erfüllt. Er hat nur selten den Ruhm gesucht und hat die Welt in klaren Linien gesehen. Bis ganz zuletzt hatte er einen engen Kontakt zu seinem fast gleichaltrigen Bruder Walter in Israel.

Steinitz war bei Schülern und Jugendlichen ein gefragter Zeitzeuge. Vom ihm haben sie unmittelbar aus der ersten Hand über die schrecklichen Jahre im Holocaust gehört und gelernt. Er war ein lebendiges Beispiel dafür, wie Toleranz und gegenseitiges Verständnis aussehen sollen.

Die Jüdische Kultusgemeinde: "Die Stadt Paderborn und die Jüdische Gemeinde Paderborn haben durch seinen Tod einen wichtigen Menschen verloren und mit ihm einen Zugang zu der dunklen und wichtigen Epoche in unserer gemeinsamen Geschichte. Wir werden ihn sehr vermissen. Leb wohl Kurt Steinitz, Du hast Deine ewige Ruhe mehr als verdient."

Bildunterschrift: Gefragter Zeitzeuge: Kurt Steinitz bekam auch in seinen letzten Jahren im Altenzentrum St. Vincenz noch oft Besuch von Paderborner Schülern.


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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