Antifa AG Universität Bielefeld, communism-ag, Junge Linke Herford, Antifa Harsewinkel StoK ,
10.04.2004 :
Die Arbeit nieder. Kapitalismus abschaffen. Das schöne Leben wartet! / Heraus zum revolutionären 30. April / Freitag, 30.04.2004, 18.00 Uhr, Bahnhofstraße - vor C&A
ArbeitMachtLeben
Die Zeiten werden rauer. Das Gerede der letzten Jahre von Humankapital, faulen Arbeitslosen und dem Standort Deutschland hat mit der Agenda 2010 konkrete politische Formen angenommen. Dem Hype der neuen flexiblen Arbeitsformen, lebenslangem Lernen und engagierter individueller Verwertung ist die pragmatische Durchsetzung längerer Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich, höherer Lebensarbeitszeit also Rentenkürzung und der Individualisierung der existenziellen Verantwortung für die Risiken der eigenen Wertbarmachung gefolgt.
Die Akzeptanz dieser Maßnahmen erscheint fast als gesamtgesellschaftlicher Konsens. Den einen mag es auf dem Weg zur Weltspitze nicht schnell genug gehen mit der Beseitigung wachstumshemmender Nebenkosten, die anderen fordern etwas mehr Rücksicht aufs Klientel. Viele Betroffene murren zwar über die neuen Zumutungen, akzeptieren aber dankbar die Schuldzuweisungen an "andere". Ob "faule Arbeitslose", "gierige Gewerkschaftler" oder "unnütze Zuwanderer", die Begründungen für "harte Einschnitte" können noch so widerwärtig, rassistisch oder dümmlich daherkommen. Sie reichen aus um den Widerwillen gegen die Reformen der SPD in Wahlerfolgen der CDU zu manifestieren.
Tatsächlichen Widerstand gibt es inzwischen auch. Doch bleibt er zu oft verhaftet an den romantischen Vorstellungen vom sozialpartnerschaftlichen Staat der zum Wohle aller in die Geschicke der Weltwirtschaft eingreift.
You are the machinery ...
Die Menschen sind Opfer einer Maschinerie die niemand bewusst steuert. Alle sind in ihr gefangen und ihren lebensfeindlichen Regeln unterworfen. Gleich- zeitig sind alle an der Reproduktion und Transformation dieser Maschinerie beteiligt. Manche haben großes Glück im kleinen Gewinnerteil geboren zu sein. Die, die dort hin wollen, weil sie sich ein etwas besseres Leben erhoffen, werden, wenn sie es durch den ersten Teil des europäischen Grenzsystems schaffen, im nächsten Teil in Lagern gesammelt und wieder abgeschoben. Manche werden für den "Standort Deutschland" als nützlich erachtet und dürfen befristet hier arbeiten. Die meisten MigrantInnen die es illegal oder geduldet schaffen erst mal hier zu bleiben, bilden den untern Teil des Niedriglohnsektors. Diejenigen, die dazugehören dürfen zur Deutschen Nation, sind sich bei dieser Sache scheinbar einig. Widerstand regt sich nur aus der bekannten Ecke. Ansonsten herrscht Abschiebekonsens.
Ebenfalls einig zeigt man sich hierzulande zum Problem der Arbeitslosigkeit. Diese würde verursacht durch faule Arbeitslose, die anstatt zu arbeiten lieber in der sozialen Hängematte liegen. Mit der Einführung des Arbeitslosengeldes 2 ab 2005 soll diese noch schäbiger werden, um den Anreiz zur beschissensten und wenigstbezahlten Arbeit zu erhöhen. Millionen Arbeitslose werden damit auf Sozialhilfeniveau heruntergestuft. Dieses ermöglicht an sich schon kein materiell zufriedenstellendes Leben, wird aber weiter drastisch gekürzt in dem z.B. immer mehr Leistungen aus der Sozialhilfe rausgenommen werden. Das Wort "Sozialkahlschlag" hat sich herumgesprochen und bezeichnet nicht nur die neuen Zumutungen an Arbeitslose und Soziabhängige oder die 10 Euro beim Doktor, sondern auch den damit verbunden erhöhten Druck auf die, die abhängig am Strick ihrer schlechtbezahlten und öden Arbeit baumeln und dabei auch noch glücklich sein können.
Die ideologische Begleitmusik dieser Maßnahmen mag noch amüsant sein wenn in der Bildzeitung gegen "Florida-Rolf" und "Viagra-Kalle" der "Volkszorn" geschürt wird. Sie zeigt ihr menschenverachtendes Gesicht in den Gängen der Behörden. "Ämterterror" ist eine einfache Umschreibung für ihre Funktions- weise. Von Arbeitslosen wird erwartet jede noch so abstoßende Arbeit anzunehmen oder bei unsinnigen Beschäftigungsmaßnahmen mitzumachen. Hauptsache es kommt kein Zweifel an der Arbeitsbereitschaft auf. Sonst wird das Geld gekürzt und ohne Geld hat mensch auch in einer reichen Gesellschaft bekanntlich wenig zu lachen.
(Wo)Her mit dem schönen Leben!(?)
Das grausige Leben ist natürlich kein Zufall sondern hat eine materielle Grundlage. Wir leben im Kapitalismus und in diesem stehen nicht der Mensch und seine individuellen Bedürfnisse im Zentrum der Ökonomie sondern die Schaffung von Wert. Die Produktion von Dingen ist an sich eine sinnvolle Sache, dem Kapitalismus geht‘s aber nicht um die Schaffung von materiellem Reichtum, sondern dieser Reichtum wird für jenen erst dann interessant, wenn er sich zu einem abstrakten Wert machen lässt.
Die Wertproduktion führt dazu, dass trotz der technischen Möglichkeiten, die einen enormen gesellschaftlichen Reichtum mit minimalem Arbeitsaufwand ermöglichen würden, einerseits ein beträchtlicher Teil der Produkte als Über- produktion vernichtet werden und daher viel Arbeit für nichts geleistet wird und andererseits die Arbeitslosenquote weiter steigt. Der Großteil der tatsäch- lich verrichteten Arbeit ist also überfl üssig und dieser Anteil wächst ständig, da die zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse gesellschaftlich notwendige Arbeit ständig sinkt. Außerdem ist die Arbeitskraft von vielen Menschen in diesem System für dieses überfl üssig, weil nicht rentabel. Damit wären wir auch schon bei dem, was Kapitalismus am besten produziert: Armut trotz Überfluss.
Die Ökonomie also Wirtschaft ist keine abgetrennte Sphäre unserer Lebens- verhältnisse, der Kapitalismus schuf auch politische Formen wie den modernen Staat oder die Nation sowie gesamtgesellschaftliche Ideologien oder transformierte sie. Rassismus, Antisemitismus und Sexismus sind nicht nur in Form von Konstrukten in den Köpfen der Menschen vorhanden, sondern werden zur materiellen Wirklichkeit in den direkten Beziehungen der Menschen untereinander und sind gleichzeitig auch ökonomisch und institutionalisiert. Die zweigeschlechtliche, heterosexuelle Zwangsnorm, manifestiert sich in der Trennung von Produktion und Reproduktion, alltäglichen und institution- alisierten Beziehungen. Die Reproduktion der häuslichen Sphäre welche zwar nicht direkt an der Schaffung von Wert beteiligt, deshalb aber nicht minder wichtig für die Aufrechterhaltung des Gegebenen ist fällt nach wie vor traditionell zumeist der Frau zu. In postmoderner Zeit soll sie aber zusätzlich sich noch ihre Arbeitskraft an die Schaffung von Wert - also Lohnarbeit - binden (und darin am besten auch noch die Verwirklichung ihrer Emanzipation sehen).
In diesem System hat der Mensch zu arbeiten um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er muss verwertbar sein, um sich reproduzieren zu dürfen. Die meisten Menschen auf dieser Welt sind das nicht. Ihre Arbeitskraft ist dort, wo sie Leben nicht soviel wert, dass es für ein halbwegs menschenwürdiges Leben reicht. Die kapitalistische Ordnung ist global und sie war es schon lange bevor es Attac gab. Die blutige Geschichte des Kolonialismus und Neo/Postkolonialismus ist ein Beispiel.
Trotz alledem ist die kapitalistische Gesellschaft und ihre Gesetze scheinbar ein vom himmelgefallenes Prinzip das absolut ist. Alle akzeptieren es. Selbst die, die gegen die aktuellen Zumutungen protestieren, fordern einen "gezähmten" und menschlichen Kapitalismus zu dem auch immer ein gerechter Vater Staat gehört. Ein Kapitalismus ohne Krise ist aber nicht möglich.
Das kapitalistische System ist weder "natürlich" noch notwendig. Wir hingegen wollen keinen Staat, egal wie sozial er daherkommt, keine Nation und schon gar nicht wollen wir Arbeit. Das Elend, welches dieses System weltweit verursacht, macht die Abschaffung notwendig. Die reale Möglichkeit eines schöneren Lebens für alle, macht die Abschaffung überfällig.
Wir wollen am Freitag Abend mit einer entschlossenen und kreativen Demo in der Bielefelder Innenstadt den kapitalistischen Verhältnissen im allgemeinen und dem gesamtgesellschaftlichen Arbeitswahn im speziellen, den Kampf ansagen. Alle, die nicht im Kapitalismus versauern wollen, rufen wir auf, sich an der Demo zu beteiligen.
Arbeit schändet - Florida für alle - Kapitalismus abschaffen!
Die Arbeit nieder!
Diese Demonstration am 30. April soll auf den problematischen, positiven Bezug auf Arbeit in Teilen der Linken aufmerksam machen. Der kapitalistische Arbeitsbegriff soll als solcher kritisiert werden, auch um dem verklärten, schlichten Bild der "schaffenden, ehrlichen Arbeit" im Gegensatz zum "bösen, raffenden Kapitalisten" entgegenzutreten. In Deutschland wurde der erste Mai 1933 zum Feiertag der "deutschen Arbeit" erklärt. Gemeint war damit die ideologische negative Aufhebung der Klassenverhältnisse zu einer "Volksgemeinschaft", in der soziale Unterschiede vor dem Hintergrund eines gemeinsamen, nationalen, antisemitischen und imperialistischen Projekts uninteressant werden. Das Gegenteil der "deutschen, schaffenden Arbeit" war die "jüdische nicht-Arbeit" oder "raffende Arbeit". Alle Übel die zum Beispiel der Kapitalismus so hervorbringt, werden auf sie zurückgeführt. Der Höhepunkt dieses Wahns liegt in Auschwitz, als die Deutschen 6 Millionen Juden und Jüdinnen töteten und meinten, sich damit von ihren Problemen befreien zu können. Dies alleine ist Grund genug, sich kritisch mit der Geschichte dieses Tages auseinander zu setzen.
Da der 1. Mai unserer Meinung nach den positiven Bezug auf Arbeit (noch) zu sehr wiederspiegelt, wir aber auf einen "Tag des antikapitalistischen Widerstandes" nicht verzichten möchten, soll die Demonstration nicht am 1. Mai, sondern einen Tag früher stattfinden. Das heißt, unsere Demonstration grenzt sich bewusst vom 1. Mai ab, um die beschriebenen Inhalte besser den sonstigen problematischen Inhalten am 1. Mai entgegenstellen zu können. Trotz unserer Kritik finden wir es nicht falsch, sich als antikapitalistische Linke am 1. Mai zu beteiligen. Warum sollte mensch diesen Tag auch denjenigen überlassen, die immer noch vom "Schulterschluss" reden, oder ihre Hoffnung auf einen "gezähmten" Kapitalismus setzen? In Bielefeld hat sich so etwas wie eine stumpfe Gewohnheit oder "Tradition" entwickelt, die den Ablauf des 1. Mai prägt. Wir wollen sie mit unserer Demonstration endlich überwinden und dem betteln nach Arbeit eine deutliche Absage erteilen. Auch in vielen anderen Städten haben sich antikapitalistische Gruppen dazu entschlossen, den Abend des 30. April zu nutzen.
work hard - die young - Kapitalismus tötet
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