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Antifa AG Universität Bielefeld , 10.12.2003 :

Antisemitismus an der Uni! / Zur Haltung des Rektorats und zum Antisemitismus in der Uni

Das Rektorat der Uni Bielefeld hat dem AStA und der Antifa AG in einem vom Rektorat eingeleiteten, inoffiziellen Gespräch zu verstehen gegeben, dass man das Buch "Jüdischer Bolschewismus" von Dr. Johannes Rogolla von Bieberstein (Fachreferent der Uni-Bibliothek) auf strafrechtlich relevante, volksverhetzende Inhalte prüfen werde. Man sehe allerdings wenig Aussichten auf disziplinarrechtliche Konsequenzen bzw. eine Entlassung Biebersteins. Ansonsten wolle man möglichst schnell aus den Schlagzeilen heraus kommen und die Debatte so leise wie möglich beenden, um dem Uni-Image nicht zu schaden. Wir sehen hierin genau das Problem! Mit Antisemitismus will man sich in Deutschland nicht auseinandersetzen. Man verschließt lieber Augen und Ohren, wenn es irgendwie möglich ist, und versucht jeglichen Antisemitismus zu übersehen, reagiert nur, wenn es nicht mehr anders geht auf öffentlichen Druck.

Vielleicht wissen diese Menschen (oder nehmen es unbewusst wahr), dass in einer öffentlichen Debatte, die sich dem Antisemitismus offensiv entgegenstellt, erschreckendes zu Tage käme. Wieso sonst könnte eine öffentliche Debatte über das Thema Antisemitismus dem Image der Uni schaden? Sie kann der Uni nur dann schaden, wenn dabei festgestellt wird, dass Bieberstein und Hohmann keine isolierten Randfiguren sind, sondern zu Teilen der Gesellschaft und damit auch einigen der Menschen (sowohl Studierenden als auch Lehrenden und anderen Angestellten) an der Uni zählen, die Antisemitismus gutheißen und verbreiten.

Wie wichtig eine öffentliche Debatte über Antisemitismus ist, zeigt sich schon daran, dass es Drohungen gegen den Reporter der NW-Artikel gibt und, neben zahlreichen antisemitischen Leserbriefen, sich auch an der Uni AntisemitInnen zu Wort melden.

So sind bereits mehrere Flugblätter aufgetaucht, die Bieberstein unterstützen, und zum Beispiel von einer "Hexenjagd" (in der Mensa am 14.11. ausgelegtes Flugblatt zweier Soziologie-Studierender) auf ihn sprechen. Bemerkenswert ist, dass sich einzelne Studierende durch diese Thematik so stark angegriffen fühlen, dass sie ein Flugblatt zur Verteidigung Biebersteins verfassen, vervielfältigen und verteilen.

Auch die emeritierte Prof. Dr. Ruth Römer (ehemals LiLi-Fakultät) springt Bieberstein zur Seite. Sie bezeichnet, in einem an den Rektor adressierten und den Senatsmitgliedern zugestellten Brief, diejenigen, die Bieberstein angegriffen haben, als "linksfaschistische Menschenjäger sowohl in der Universität als auch in der Presse, nämlich der NW", die über Bieberstein herfielen, dass es "an die schlimmsten Jahre der deutschen Geschichte erinert". Sie macht keinen Hehl daraus, wessen Geistes Kind sie ist, wenn sie die Judenverfolgung im 3. Reich damit vergleicht, was hier an der Uni gegen Antisemitismus getan wird. Sie vollzieht die totale Verkehrung der Geschichte und formuliert dabei so offen, wie man es von Bieberstein nicht gewohnt ist.

Es gibt also nicht nur einen "Sonderling" (NW vom 13.11.2003) an der Universität, der eine vereinzelte antisemitische Position bezieht. Es gibt, man bekommt es täglich mehr zu spüren, ein gesellschaftliches und damit auch universitäres Phänomen mit dem Namen Antisemitismus, das sich ausbreitet und gefährlich ist. Daher muss es entschieden bekämpft, d. h. auch offen thematisiert, werden. Wer sich vorrangig um das Image der Uni schert, nimmt das Problem nicht ernst und unterstützt damit, ob gewollt oder ungewollt, den Antisemitismus.


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