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KARABH – Kampagne gegen Abschiebung – Roma und Ashkali bleiben hier ,
29.03.2004 :
Hier geblieben! / Ashkali und Roma brauchen den Schutz der Stadt Bielefeld! / Aktion gegen Abschiebung am Donnerstag 01.04.2004, 14.00 Uhr im Bielefelder Rathaus
Liebe Bielefelder und Bielefelderinnen,
Heute sind wir zum zweiten Mal hier. Vor 14 Tagen, am 18.03.2004, haben wir gegen den für diesen Tag geplanten Abschiebeflug von Düsseldorf nach Pristina in Kosovo protestiert. Erst später haben wir erfahren, dass der Flug nicht stattfinden konnte. Was war der Grund? Vor 14 Tagen gab es in Kosovo am Mittwoch und Donnerstag heftige Ausschreitungen von radikalen Albanern gegen die nicht-albanische Bevölkerung, vor allem gegen Serben. Sie alle haben im Fernsehen sehen können, dass die Schutztruppen der NATO und die UNMIK-Mitarbeiter hilflos und untätig den Brandschatzungen und Vertreibungen zugesehen haben. Aber nicht nur die serbische Minderheit war von den Übergriffen und Brandstiftungen betroffen, sondern auch Roma und Ashkali, Goraner und Bosniaken. Z. B. in der Stadt Vucitrn: Dort sind am Donnerstagabend ca. 70 Ashkali-Familien Opfer von randalierenden albanischen Extremisten geworden. Nachdem sie die orthodoxe Kirche in Brand gesteckt hatten, zogen sie in das Wohnviertel der Ashkali. Mit dem Ruf "Magjupet jasht" (Zigeuner raus) drangen sie in die Häuser, misshandelten und vertrieben die Bewohnerinnen. Zu ihrem eigenen Schutz wurden die Ashkali von KFOR-Soldaten in den Hof einer Polizeischule gebracht, von wo aus sie zusehen mussten, wie ihre Häuser in Brand gesteckt wurden. Die 280 Ashkali aus Vucitrn, darunter viele Kinder, leben zur Zeit in Zelten auf dem Gelände französischer KFOR – Soldaten.
Was bedeuten diese gewalttätigen Übergriffe gegen Minderheiten in Kosovo für die hier "geduldeten" Roma und Ashkali?
Sie fürchten um das Leben der Verwandten und Freunde, die in Kosovo leben.
Sie haben nun die Bestätigung bekommen: Eine Rückkehr in Sicherheit kann es für sie nicht geben. Sie hoffen, dass sie nun endlich ein Aufenthaltsrecht bekommen, dass die Angst vor Abschiebung ein Ende hat und sie gleichberechtigt mit allen anderen leben können.
Und wie reagieren die zuständigen Behörden und Politiker in Deutschland? Es ist unglaublich: Bisher ist nicht zu erkennen, dass die Abschiebepraxis geändert werden soll. In Verhandlungen zwischen dem BIM und der UNMIK war im Mai 2003 zwar beschlossen worden, dass Roma und Serben für ein weiteres Jahr von der Abschiebung nach Kosovo ausgenommen werden sollten, aber für alle übrigen Minderheitsangehörigen war dieses Jahr ein Jahr voller Angst und Ungewissheit. Alle 14 Tage ging ein Flug von Düsseldorf nach Pristina und jedesmal mussten sie Angst haben, zu denen zu gehören, die gegen ihren Willen abgeschoben wurden. Daran hat sich auch nach den Ereignissen vom 17./18.03. nichts geändert! Nur die Angst und Panik ist ins Unerträgliche gestiegen.
Zwar hat die UNO-Verwaltung UNMIK in Kosovo am frühen Morgen des 18.03.2004 alle Abschiebeflüge "bis auf Weiteres" abgesagt. Was heißt aber "bis auf Weiteres"?
Schon 8 Tage später haben die deutschen Behörden mit der UNMIK verhandelt mit dem Ziel, den für heute geplanten Flug mit "Abschüblingen" nach Pristina durchzusetzen. Die UNMIK ist bei ihrem Nein geblieben. Doch in 14 Tagen könnte es anders sein. Die Angst bleibt.
Wir werden die UNMIK auffordern, die Rücknahme von Minderheitsangehörigen grundsätzlich zu verweigern! Zumindest aber sollte sie einen vorläufigen Zeitabschnitt nennen, damit die Menschen zur Ruhe kommen können!
Die deutschen für Abschiebungen zuständigen Behörden halten ganz offensichtlich weiter an dem Prinzip fest, geduldete Kosovaren durch Androhung der Abschiebung zu einer sogenannten "freiwilligen" Ausreise zu zwingen. Der zuständige Referent für Kosovo im Büro der Ausländerbeauftragten nennt dieses Verfahren eine "kalte Abschiebung". Wenn die Menschen dem Druck nicht standhalten können sehen sie irgendwann wirklich keine andere Perspektive als auszureisen, egal wohin.
Von den 33.000 ausreisepflichtigen Minderheitsangehörigen sind zwischen Mai und Dezember 2003 190 Personen abgeschoben worden, 190 Menschen zuviel! Tausende wurden zu Abschiebung angemeldet und sind dadurch in Angst und Schrecken versetzt worden. Sie sind es jetzt noch mehr!
Nicht nur die Abschiebung von Minderheitsangehörigen nach Kosovo ist menschenverachtend und unverantwortbar, auch die Prozedur der "kalten Abschiebung" ist unmenschlich und für alle, die noch menschlich denken und fühlen, eigentlich ein Skandal
Fünf Bielefelder Ashkali-Familien sind von der Bielefelder Ausländerbehörde im Mai 2003 aufgefordert worden, "freiwillig" nach Kosovo auszureisen. Das haben sie abgelehnt. Daraufhin wurden sie bei der ZAB Düsseldorf zur Abschiebung angemeldet. Das heißt, 10 Monate lang waren sie alle vierzehn Tage von Abschiebung bedroht. Es sind Menschen die bereits seit 14 Jahren in Bielefeld leben. Ihre Kinder gehen hier zur Schule und kennen ihre sogenannte Heimat "Kosovo" nicht mehr. In der Regel sprechen sie besser deutsch als albanisch.
In Kosovo müssen Ashkali in Enklaven leben, und auch dort sind sie nicht sicher, wie wir nun wissen. Es gibt keinen Wohnraum, keine Arbeit, keine finanzielle Unterstützung und medizinische Versorgung. Ist dies wirklich unser aller Wille, dass Menschen, die bei uns Fuß gefasst haben, nun wieder in eine existentiell bedrohliche Lage zurückkehren sollen?
Die Ausländerbehörde hat den Spielraum, die Abschiebung der Bielefelder Ashkali zu verhindern, indem sie die Anmeldungen zurücknimmt.
Deshalb fordern wir den Amtsleiter Herrn Gieselmann und das Ausländeramt auf:
Nehmen Sie die 5 Ashkali-Familien von der Flug-Abschiebeliste der ZAB Düsseldorf! Setzen Sie sich für ein Aufenthaltsrecht aller geduldeten Roma-und Ashkali -Flüchtlinge ein!
Keine Abschiebungen nach Kosovo!
Aufenthaltsrecht für alle "Geduldeten"!
Menschenrechte für alle!
KARABH – Kampagne gegen Abschiebung – Roma und Ashkali bleiben hier
Wir werden diesen Protest alle 14 Tage wiederholen, solange, bis die Bielefelder Ashkali vor Abschiebung sicher sind! Bitte unterstützen Sie unseren Protest durch Ihre Anwesenheit.
Die nächsten Termine: 15.04., 29.04., 13.05., 27.05., 10.06. und 24.06.2004. Treffpunkt immer donnerstags um 13.45 Uhr vor dem Rathaus.
Dieser Aufruf wird unterstützt vom Bielefelder Flüchtlingsrat und der PDS Bielefeld.
- Spenden unter dem Stichwort "Roma und Ashkali bleiben hier" auf das Konto des Bielefelder Flüchtlingsrats, Kto-Nr. 47 003 090, Sparkasse Bielefeld, BLZ 480 501 61 -
fluechtlingsrat-bi@web.de
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