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Paderborner Kreiszeitung / Neue Westfälische , 29.03.2004 :

Der schwärzeste Tag / Pelizaeus-Gymnasium gestaltet Gedenkfeier für die Opfer des Bombenangriffs

Paderborn (hko). "Erinnerung darf nicht institutionalisiert werden", forderte Katharina Timm. Als Schülervertreterin des Pelizaeus-Gymnasiums appellierte sie während der Gedenkfeier zum 59. Jahrestages der letzten Bombardierung und fast völligen Einäscherung Paderborns am Samstag in kurzen Worten an die ewige Präsenz der "Synonyme des Leides" und "an die Bombenopfer wie der Opfer des Naziterrors".

Zuvor hatte Bürgermeister Heinz Paus den 27. März 1945 in eine "logische Reihenfolge" mit markanten Daten der Machtübernahme der Nazis und des 2. Weltkrieges gestellt. Was Goebbels unter dem "totalen Krieg" verstanden hatte, sollte Paderborn vor allem an diesem Frühlingstag kurz vor Kriegsende zu spüren bekommen. Insgesamt starben bei den Bomberangriffen des 2. Weltkrieges an der Pader 827 Menschen.

An jenem 27. März ertönt um 17.30 Uhr der Vollalarm, es folgt ein 25-minütiges pausenloses Bombardement von rund 500 Fliegern. Über 90 Prozent des Wohnraumes werden zerstört - Paderborn liegt am Boden und brennt noch eine Woche später. Diese Fakten hat Lena Varchmin für ihre Jahresarbeit über die Bombardierungen recherchiert. Wie jedes Jahr wurden die Feierlichkeiten am Mahnmal am Busdorfwall traditionell von einer Schule durchgeführt - diesmal von den Händen und Köpfen des Pelizaeus-Gymnasiums.

Fächerübergreifend hatten sich zufälligerweise ausnahmslos Schülerinnen der Stufen 12 und 13 an ihre Erarbeitung und Sichtweise des Zerstörung Paderborns gemacht: Musikalisch mit Johann Sebastian Bach, mittels historisch-dokumentierender Fotografie oder im Fach Kunst, in dem ein zur Hälfte verkohlter, zur Hälfte mit dem Stadt-Wappen golden glänzender Stuhl geschaffen wurde, der Erinnerung und Hoffnung auf eine strahlende Zukunft symbolisiert.

Mit einer szenischen Ausarbeitung von "Bürgermeister Anna" des humanistischen Arztes und Autors Friedrich Wolf wurde thematisiert, inwiefern sich die von Krieg und Gefangenschaft gebeutelten Männer und die weibliche Wiederaufbaugesellschaft der ersten Jahre voneinander entfremdet hatten. Am eindringlichsten waren die von Varchmin vorgetragenen Zitate einer gewissen Anna Dorsel: "Man hätte zehn Hände und noch mehr gebrauchen können", schildert die Bereitschaftsführerin des Deutschen Roten Kreuzes Paderborn ihre Hilfsbemühungen Und weiter: "Worte wurden nicht gewechselt" - diese waren nutzlos. Das ist die persönliche und hinter Fakten manchmal verschwindende Seite des Krieges.


lok-red.paderborn@neue-westfaelische.de

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