Westfälisches Volksblatt / Westfalen-Blatt ,
15.11.2007 :
Stolpern über Schicksale / Steine erinnern an jüdische Bürger
Von Marion Neesen
Salzkotten (WV). Sie hießen Achtermann und Auerbach, Blumenfeld, Grünberg und Goldschmidt. Salzkotten war einst auch die Heimat vieler jüdischer Mitbürger, die aber in der Zeit des Nationalsozialismus vertrieben und ermordet wurden. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", sagt Gunter Demnig.
Der Kölner Künstler startete daher im Jahr 2000 sein Projekt "Stolpersteine". Jetzt soll auch in Salzkotten mit den kleinen Pflastersteinen und der Messingplatte darauf an die jüdischen Familien erinnert werden, die einst an der Heder lebten. So war etwa das Haus Verner Straße 23 das Zuhause der Familie Blumenfeld, in der Marktstraße 7 lebten die Auerbachs und auf den Küten 4 die Kleebergs. Immer weniger Bürgerinnen und Bürger in Salzkotten wissen jedoch noch, dass auch die Stadt an der Heder eine jüdische Geschichte hat.
Auf Anregung des Salzkottener Grundschullehrers Heinrich Evens möchte nun der Verein Judentum in Salzkotten das Projekt des Künstlers Günter Demnig auch in der Sälzerstadt verwirklichen. Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Gehweg einlässt. Derzeit hat er in ganz Deutschland bereits etwa 12.500 Steine in 277 Ortschaften verlegt. Die ersten Steine liegen in zwölf Orten Österreichs und auch in Ungarn: in Budapest und zwölf weiteren Orten. Im Kreis Paderborn hat bisher nur die Gemeinde Altenbeken das Projekt aufgegriffen. Mit den Steinen vor den Häusern hält Demnig die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst dort wohnten. Wer an den Häusern vorbeikommt, stolpert geradezu über die Erinnerungstafeln und das Schicksal der Menschen. Da der Künstler die Pflastersteine in öffentliche Gehwege einlässt, muss erst der Rat der Stadt Salzkotten seine Zustimmung geben. Im Jugend-, Kultur- und Sportausschuss fand der Antrag des Vereins Judentum in Salzkotten schon einmal durchweg Zustimmung. "Die SPD unterstützt das Projekt", sagte Ulrike Weißenborn für ihre Partei, "wir haben eine geschichtliche Verantwortung. Mit diesem Projekt, dem jüdischen Friedhof und dem Isaak Auerbach Mahnmal treffen wir eine deutliche Aussage." Als eine sehr würdige Form, an jüdische Salzkottener Bürger zu erinnern, beurteilte Annette Stracke für die CDU das Projekt.
Elisabeth Kloke-Kemper, Vorsitzende des Vereins Judentum in Salzkotten, wies darauf hin, bereits mit den Eigentümern der Häuser gesprochen und Einverständnis geerntet zu haben. Vorgesehen sei auch, die Salzkottener Schulen in das Projekt einzubinden. Thekla Tuschen, Leiterin der Liborius Grundschule, signalisierte bereits Zustimmung.
Vor acht Salzkottener Häusern sollen die Steine verlegt werden. Für 95 Euro kann jeder Bürger oder Verein eine Patenschaft für einen Stolperstein übernehmen. Wann das Projekt jedoch realisiert werden kann, ist noch fraglich. Vermutlich ist der Künstler, der die Steine selbst verlegt, bereits das gesamte Jahr 2008 ausgebucht.
Bildunterschrift: Der Kölner Künstler und Bildhauer Gunter Demnig verlegt in vielen deutschen Städten Stolpersteine zur Erinnerung an verfolgte und ermordete Mitbürger.
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