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Lippische Landes-Zeitung , 20.03.2004 :

Fünf Stunden für die Fremden / Flüchtlingshilfe in Lemgo neu strukturiert - Sven Neese wieder aktiv

Lemgo (ax). Fremde oder Freunde? Die Entscheidung fällt oft erst nach Jahren. Auch in Lemgo gibt es Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde, die aber seit Jahren geduldet werden. Die täglichen Probleme von Asylbewerbern und Randgruppen in der Gesellschaft nehmen nicht ab. In Lemgo kümmert sich natürlich das Sozialamt um diese Bevölkerungsschicht, aber auch sieben Kirchengemeinden engagieren sich in der Randgruppen- und Flüchtlingsarbeit. Für den direkten Kontakt ist Sven Neese zuständig.

Neese, der offiziell bei der AWO im Biesterbergtreff arbeitet (vier Tage in der Woche), betreut an seinem freien Tag das Flüchtlingsbüro der Kirchen am Trophagener Weg. Seitdem die AB-Maßnahme mit Dirk Timimi ausgelaufen ist, und auch die Zuschüsse der Stadt und des Diakonischen Werkes reduziert wurden, sahen sich die Träger der kirchlichen Flüchtlingarbeit gezwungen, die Strukturen zu ändern. Maren Krüger, Pfarrerin in St. Nicolai, ist Ausschussvorsitzende innerhalb der Organisation, weil Nicolai derzeit die Trägerschaft inne hat. St. Marien, St. Johann, Brake, Voßheide, Bergkichen und Heilig-Geist stützen das Projekt finanziell. Sie zahlen aus Zuschüssen und Spenden beispielsweise das Honorar für Sven Neese (400 Euro im Monat) und Honorargelder für Brigitte Büker, die die Kleiderkammer und die Lebensmittelausgabe organisiert. Außerdem wird aus Spenden auch die Hausaufgabenhilfe des Flüchtlingsbüros geschultert.

Seitdem die volle Stelle von Timimi Ende 2003 weggefallen ist, müssen sich die Asylbewerber zeitlich einschränken. Neese versucht aus seiner Erfahrung in diesem Arbeitsfeld soviel wie möglich zu regeln, denn in den meisten Fällen sind es Probleme im Umgang mit Behörden (Bürokratie) oder Schriftwechsel, die die Flüchtlinge ratlos zurück lassen. Neese: "Es dreht sich in der Regel um Verträge, um Anträge oder Sprachkurse, aber auch immer wieder um zwischenmenschliche Probleme in den Unterkünften." Dann hilft der Sozialpädagoge oder versucht auch schon mal, Streithähne zu beruhigen. Außerdem koordiniert Neese die zwölf Schüler und Studenten, die sich derzeit für ein paar Euro in der Hausaufgabenhilfe engagieren. Die "Freiwilligen" suchen in der Regel nachmittags die Kinder der Flüchtlingsfamilien auf, um sie zu unterstützen.

Alles in allem steht die Arbeit zurzeit natürlich auf anderen Füßen. Während Neese nur rund fünf Stunden in der Woche investieren kann, hatte Timimi faktisch 38,5 Stunden zur Verfügung. Nicht zuletzt deshalb ist das Büro für Flüchtlingsarbeit auf Hilfe angewiesen. Während sich Brigitte Büker montags bei der Lebensmittelausgabe engagiert, sorgt sich Elke Tober aus dem Sozialamt um das Frauen-Café. Zweimal im Monat, immer donnerstags, bietet sie im Jugendzentrum einen Nachmittag für die Frauen aus den Flüchtingsfamilien an. Ein Angebot, das bereits vor der Umstrukturierung bestand, angesichts der geringen Stundenzahl aber in Gefahr war. Krüger und Neese freuen sich, dass dieser Frauennachmittag, der auch eine kommunikative Funktion erfüllt, Bestand hat.

Ob die Arbeit mittelfristig in ihren Facetten aufrecht erhalten oder ausgebaut werden kann, so Krüger, hänge sicher von der Entwicklung der Finanzkraft innerhalb der Träger, also der Kirchengemeinden, ab. Von daher überlege man auch schon, ob Patenschaften für die Flüchtlinge eine Lösung sein könnten. Damit ließe sich zumindest die Hausaufgabenhilfe, die laut Neese, in der Region Seltenheitswert hat, stützen.

20./21.03.2004
Lemgo@lz-online.de

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